Eurodepression-(01)

Europa in der Depression

Fünf Jahre dauert die aktuelle Weltwirtschaftskrise nun schon und seit dem 15. November 2012 ist es auch amtlich: Die EU als Ganzes steckt tief in der Rezession – und ein Ende ist nicht in Sicht. Portugal, Island, Irland, Griechenland, Zypern, Spanien, Italien, Großbritannien – ja, sogar Frankreich. Alle in den Miesen…

Auch wenn die deutsche Wirtschaft bisher noch immer leicht zulegt – die Wirtschaft aller Euroländer zusammengenommen schrumpfte im dritten Quartal 2012 um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal und um 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Die Wirtschaft der EU-Mitgliedsländer wuchs zwar immer noch ein klein wenig (um 0,1 Prozent), schrumpfte aber im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,4 Prozent. Und das vierte Quartal sieht noch schwächer aus.

Die Aussichten für 2013 sind also recht düster. Das Einzige, was in der europäischen Wirtschaft derzeit wächst, sind die Schlangen vor den Arbeitsämtern und die Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Ländern und Regionen. Vor allem Griechenland steckt nun schon seit über vier Jahren in einer Dauerkrise, seine Wirtschaft ist inzwischen um mehr als ein Fünftel geschrumpft. Auch Belgien, Finnland, die Niederlande und Österreich schrumpfen – und selbst die ehemalige Imperialmacht Großbritannien steckt tief in der Rezession. Von Irland ganz zu schweigen.

Wohin man also auch blickt in Europa: Es herrschen Stagnation und Depression – und zwar ohne Aussicht auf baldige Besserung. Dabei ist das Abrutschen in die Depression eigentlich hausgemacht – schließlich ist es eine Folge der Austeritätspolitik, jener Serie von völlig überzogenen Haushaltskürzungen und weiteren „Reformen“, die allesamt auf eine deutliche Senkung der durchschnittlichen Löhne und Gehälter, der Renten und Arbeitslosengelder sowie sonstiger Sozialleistungen hinauslaufen. Und das, während gleichzeitig die Preise für das Lebensnotwendige immer weiter steigen.

Doch kein noch so lautstarker Protest kann darüber hinwegtäuschen, dass die Mehrheit der Stimmbürger der Scheinlogik der angeblichen „Schuldenkrise“ nach wie vor folgt. Die nächste Runde der Austeritätspolitik wird in naher Zukunft die Vereinigten Staaten treffen – auch wenn man sich dort zurzeit schon wieder in der Konjunktur glaubt und alle Sorgen einfach wegjubelt. Doch nach Obamas Wiederwahl müssen die USA nun die vor ihnen liegende „Fiskal-Klippe“ nehmen – wie auch immer sie das anpacken. Mit ziemlicher Sicherheit wird eine neue Welle von Haushaltskürzungen über das Land schwappen – genug, um die immer noch schwächelnde US-Wirtschaft auch ganz offiziell wieder in die roten Zahlen abgleiten zu lassen.

So ganz unerwartet wird das alles gar nicht kommen. Der IWF hatte diesen Absturz ebenso angekündigt wie die OECD, die Weltbank und die ILO: Im „World Economic Outlook“ vom Oktober 2012 hatte der Internationale Währungsfond seine globalen Wachstumsprognosen erneut nach unten korrigiert. In den Industrieländern stagniert die Wirtschaft ebenso wie in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Selbst China konnte das geplante Wachstum nicht erreichen und muss sich nun realistischere Ziele setzen. Die stagnierende Wirtschaft bedeutet für die europäischen Industrieländer, dass sie nicht genug erwirtschaften, um aus der Krise herauszukommen – und für die Schwellen- und Entwicklungsländer, dass sie nicht genug erwirtschaften, um sich aus der Abhängigkeit von den Industrieländern zu befreien und ihre Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Ohne eine schnelle Lösung der hausgemachten Wirtschaftskrise in Europa und den USA sieht der IWF daher schwarz.