Butzko-201801-(01)

Wahlen ändern nichts, sonst wären sie verboten

Du fühlst Dich unbeachtet, unterbezahlt und auch ansonsten unter aller Sau? Das muss nicht sein! Die Lösung all deiner Probleme: Tritt in eine Partei ein und werde Kandidat. Geht im Grunde ganz einfach. Man muss auch keinen Test bestehen oder Fragen beantworten über Geschichte oder Ziele der Partei. Alles nicht nötig. Berufspolitiker ist ein Beruf ohne Eignungsprüfung oder Ausbildung. Wie Immobilienmakler oder Zuhälter. Wobei ich jetzt keine Zuhälter beleidigen will. Immobilienmakler schon. Aber dazu später mehr.Es gibt nur zwei Regeln, die man beachten muss, um es in einer Partei nach oben zu schaffen:

1.) bei jeder Parteiversammlung anwesend sein.

2.) immer als Letzter gehen.

Das ist das Allerwichtigste. Jedenfalls haben mir das etliche Parteimitglieder so bestätigt – und zwar quer durch alle Parteien. Wer vorher geht, wird das Objekt von Lästereien und Intrigen. Deswegen musst du derjenige sein, der bis zuletzt lästert und intrigiert. Da kann man natürlich öfters schon mal bis halb zwei Uhr morgens an der Theke stehen müssen. Aber wenigstens wissen wir jetzt auch, warum so viele Abgeordnete diese enormen Leberwerte haben.

Und das heißt natürlich außerdem, um immer anwesend zu sein und als Letzter zu gehen, muss man natürlich noch etwas haben: Viel Zeit. Wer es in einer Partei nach oben bringen will, muss andere Sozialkontakte, Ausbildung, Beziehung, Kinder, Hobbies, usw. hinten anstellen. Die Leute also, die auf jeder Ü-40-Party morgens um 5 Uhr als Letzte alleine auf der Tanzfläche stehen, die haben die besten Voraussetzungen für eine große Parteikarriere.

Es hat einmal ein sehr interessantes Experiment gegeben. Dafür hat man einen riesigen Glasbehälter mit lauter kleinen Kaugummi-Kugeln gefüllt. Und dann hat man ein paar Hundert Leute gebeten, ihre ehrliche Meinung zu äußern, wie viele Kugeln da wohl drin sein könnten. Und jetzt kommt’s: Der Mittelwert aller Schätzungen entsprach bis auf 2% der genauen Anzahl. Man hat das Experiment wiederholt und wiederholt – und das Schönste: Immer mit neuen Testpersonen. Das Ergebnis war jedes Mal dasselbe. Plusminus 2% richtig geschätzt. Was sagt uns das?

1.) Das Experiment wurde nicht vom Allensbach-Institut durchgeführt.

2.) Wenn ein paar Hundert Menschen zusammenkommen und jeder zu einer Frage seine ehrliche Meinung äußert, dann finden alle zusammen die richtige Lösung!

Und dieses Experiment funktioniert auf der ganzen Welt und an jedem Ort, außer an einem: Im Parlament! Das heißt, wenn ein paar Hundert Parlamentarier zusammenkommen und zu diversen Fragen immer ihre ehrliche Meinung äußern würden, wäre die parlamentarische Demokratie zur Lösung aller Probleme eigentlich am besten geeignet. Bis auf ein Problem: Parlamentarier.