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„Legal Highs“ – warum die Cannabis-Prohibition der Bundesregierung immer mehr Tote fordert

Wie der Presse zu entnehmen war, verstarben von den 1.300 Drogentoten im Jahr 2016 98 an den Folgen des Konsums von sogenannten „Legal Highs“, die auch als Räuchermischungen oder Badesalze angepriesen werden. „Legal Highs“ sind ein vermeintliches Schlupfloch für Konsumenten, die eigentlich gerne Cannabis in jeglicher Form und wie auch immer konsumieren würden, die aber aus verschiedenen Gründen Angst davor haben. Das hängt aller Wahrscheinlichkeit nach weniger mit den THC-haltigen Drogen an sich zusammen, sondern vor allem mit der in Deutschland herrschenden Gesetzgebung, die Cannabis immer noch – abgesehen vom medizinisch induzierten Gebrauch, verbietet.

Da kommt schnell ein Faktorenbündel zusammen, das gegen illegalen Cannabis-Konsum spricht: Angst vor Polizeirepression, möglicher Führerscheinverlust, Stress mit dem Arbeitgeber, gesellschaftliche Repressalien und Stigmatisierung im Familien- und Bekannten-Umfeld. Manchmal sind es zudem einfach auch die nicht vorhandenen Gelegenheiten und Möglichkeiten, ungestrecktes Cannabis kaufen zu können. Menschen, die gerne high sind, aber die oben genannten Repressalien fürchten oder einfach nicht in der Lage sind, sich Gras oder Hasch zu besorgen, greifen nun gerne zu „Legal Highs“. Bisher ist es der Bundesregierung erfolgreich gelungen, Cannabis zu verbieten, aber „Legal Highs“ können – trotz aller Versuche des Gesetzgebers, das Problem in den Griff zu kriegen – weiterhin über das World Wide Web relativ problemlos gekauft werden. Insofern könnten Kritiker – insbesondere der deutschen Bundesdrogenbeauftragten Marlene Mortler (CSU) – die knapp 100 Toten, die im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit den „Legal Highs“ zu beklagen sind, der Politikerin ankreiden. Denn, so könnte man meinen, Mortler verfolgt voller Überzeugung, gnadenlos und strikt eine Cannabis-Prohibition mit teilweise jahrzehntealten Argumenten, die vor neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen keinerlei Bestand mehr haben. Dabei wäre doch durch eine Legalisierung von Gras und Hasch eigentlich alles so einfach, wie immer mehr Beispiele aus Ländern auf der Welt eindrucksvoll lehren. Die wichtigsten drei Argumente, die für eine Legalisierung aus Regierungssicht sprechen, sind sicherlich 1. ein deutliches Plus an Jobs, 2. mehr Steuereinnahmen und 3. weniger von den Ärzten verschriebene Opioide, die unweigerlich in die Sucht führen. Diese drei Befunde zeigen zumindest die ersten empirischen Untersuchungsergebnisse in den USA in aller Deutlichkeit auf. Und als viertes wichtiges Plus käme hinzu: Es gäbe natürlich keine durch die berauschenden Substanzen von Mutter Natur verursachten Toten mehr, denn es ist noch kein einziger Fall bekannt, in denen ein Drogentoter auf den ausschließlichen Genuss von Cannabis zurückgeführt werden konnte – auch wenn dies von bösen Zungen immer wieder mal gerne kolportiert wird.

Aber was sind nun eigentlich „Legal Highs“? Der Terminus Technicus impliziert nach deutschem Rechtsverständnis eigentlich einen Widerspruch in sich. Dabei widerspricht diese juristische Grundeinstellung eigentlich allem, was unter modernen, liberal eingestellten Anthropologen und Kulturwissenschaftlern weitgehend unumstritten ist, nämlich dass das menschliche Verlangen nach Rausch eine anthropologische Grundkonstante darstellt, die es seit Menschengedenken gibt und die selbstverständlich auch in absehbarer Zeit weiter Bestandteil des menschlichen Daseins sein wird. Zudem zieht es sich beinahe wie ein roter Faden durch die gesamte Menschheitsgeschichte, dass die Generation der Jungen gegen die Generation der Alten aufbegehrt – nicht zuletzt auch was den Konsum von Drogen betrifft. Denn der Rausch an sich ist ja zunächst einmal nichts Schlimmes und zu Beginn geht es auch nicht um so etwas wie Sucht, die sich ja erst mit der Gewöhnung und einer sich immer höher schraubenden Toleranzschwelle für die induzierte Substanz ergibt, sondern um den Versuch der Menschen, sich über die Bedingungen ihres beschränkten irdischen Daseins zu erheben und sprichwörtlich phantastische Erfahrungen jenseits des menschlich rational Wahrnehmbaren zu machen. „Legal Highs“ werden auch als neue psychoaktive Substanzen bezeichnet. Die Stoffgruppen sind meist A) 2-Phenethylamin oder B) Cannabimimetika.

„Legal Highs“ werden offen im Internet, in Smartshops oder in Headshops verkauft. Es ist meistens eine veritable Wundertüte, was in den bunten, professionell aufbereiteten Päckchen für ein chemischer Cocktail enthalten ist. Die Namen „Explosion“, „Armageddon“ oder „Spice“ versprechen zumindest den richtigen Rausch und Knall in der Birne. Diese umsatzstarke Branche entwickelt immer neue Substanzen und Stoffgruppen, die in den Ländern der EU noch nicht verboten sind – andere enthaltene Stoffe hingegen fallen bereits unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Der Konsument weiß also weder, was er sich reinzieht, noch ob er rechtlich auf der sicheren Seite ist, das heißt, ob die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn einleitet und unter Umständen zudem eine Hausdurchsuchung anordnet. Diese Risikofaktoren einer scheinbar „sicheren Sache“ können an dieser Stelle gar nicht deutlich genug hervorgehoben werden.

Am 26. November 2016 trat das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) in Kraft, um eine bis dato herrschende Gesetzeslücke zu schließen. §2 des NpSG besagt ausdrücklich, dass ein neuer psychoaktiver Stoff „ein Stoff oder eine Zubereitung eines Stoffes eine[r] … genannten Stoffgruppen“ ist. Im Gegensatz zum einzelstofflichen Ansatz des Betäubungsmittelgesetzes favorisiert das NpSG eine Stoffgruppenregelung, um der Verbreitung und damit verbundenen Gefahr der neuen psychoaktiven Stoffe besser begegnen zu können, welche die Produzenten der Räuchermischungen und Badesalze immer wieder aus dem Ärmel schütteln. Doch auch hier ist Skepsis angesagt.

Der drogenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Dr. Harald Terpe, meint hierzu in einem aktuellen Interview zu Recht, dass das Stoffgruppenverbot der Bundesregierung weder die Verbreitung von neuen psychoaktiven Substanzen verhindern werde, noch den gesundheitlichen Schutz von Konsumenten stärken würde. Denn das Angebot und der Konsum neuer psychoaktiver Substanzen könnten durch das Verbot keinesfalls verhindert werden. Denn, so Terpe weiter, auf dem illegalen Drogenmarkt gehe es insbesondere um knallharte wirtschaftliche Interessen, die mit allen erfinderischen Mitteln verfolgt werden würden. Insofern sei es keinesfalls verwunderlich, dass weiterhin neue Substanzen auftauchen würden, die von dem Verbot nicht erfasst und mitunter gefährlicher als die bisherigen „klassischen“ chemischen Substanzen sind. Nüchtern gesehen konstatiert der drogenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion hiermit eine Bankrott-Erklärung der neuen Gesetzgebung der großen Koalition und so ist es auch nicht verwunderlich, dass Terpe im Besonderen und die Grünen im Allgemeinen sich für ein recht liberales Cannabis-Kontrollgesetz eingesetzt haben, das aber leider von den Koalitionsfraktionen abgelehnt worden ist. Die vom NpSG aufgeführten Stoff- gruppen sind mit Amphetaminen verwandte Stoffe und synthetische Cannabinoide. Stoffe, die einer der beiden Stoffgruppen zuzurechnen sind, sind verboten und werden strafrechtlich verfolgt. Damit stehen sie juristisch gesehen auf einer Stufe mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, die durch THC-haltige Produkte hervorgerufen werden. Und Deutschlands Staatsanwaltschaften stehen laut Pressemeldungen in dem Ruf, beinahe grundsätzlich jegliche Käufe von Räuchermischungen und Badesalzen, deren sie durch die Inobhutnahme von Dateien gebusteter Online- oder Headshops habhaft werden können (in Form von Kundenlisten und Zahlungsnachweisen), strafrechtlich zu ahnden. Konkret heißt das, wenn ein „Legal High“-Konsument in einer Dateiliste identifiziert wird, die der Staatsmacht in die Hände fällt, ist mit einer Anzeige zu rechnen. Insofern bieten die „Legal Highs“ keinen Vorteil gegenüber Gras und Hasch und sind alles andere als legal. Auch hierüber gibt es unzählige schockierende Berichte im Netz, die voller Verbitterung über die unnachgiebige strafrechtliche Verfolgung klagen, wo doch die Räuchermischungen-vertreibenden Shops nicht müde werden zu betonen, dass alles 100% legal sei. Pustekuchen!

Trotz dieser Vorgehensweise gegen „Legal High“-Konsumenten und der irgendwie ungewissen Gesetzeslage finden sich in der bunten Welt des World Wide Web mehr als genügend Shops, die massiv ihre „Legal Highs“ bewerben und die scheinbaren Vorzüge deutlich herausstellen. Grund genug für die THCENE, die Probe aufs Exempel zu machen.

Wer im Netz auch nur ein klein wenig recherchiert, müsste schnell Muffensausen kriegen, sodass er nicht einmal im Traum daran denkt, „Legal Highs“ zu bestellen, denn im World Wide Web finden sich unzählige Hinweise und Warnungen von „Legal High“-Usern, dass sie sich mit der Staatsmacht konfrontiert sahen. Das „Spiel“ geht eine Zeitlang gut und der User bestellt munter im Internet seine Räuchermischungen und pfeift sich im schlimmsten Fall allabendlich das Zeug rein. Doch irgendwann wird der Shop, vor allem, wenn er seinen Sitz in Deutschland hat, von der Polizei „hops genommen“. Und dann fallen den vor Freude in die Hände klatschenden Gesetzeshütern alle notwendigen Daten in die Hände, die sie benötigen, um Strafverfahren gegen ALLE in den Listen verzeichneten Konsumenten anzuregen. Denn da online bestellt und bezahlt wird, sind sowohl Namen,

Lieferadresse als auch Zahlungsmodalitäten (Kreditkarten etc.) hinterlegt. Und dann flattert bald die allseits wie die Pest gefürchtete Post von der zuständigen Staatsanwaltschaft ins Haus. Die Beweislage ist in der Regel ziemlich eindeutig und eigentlich gibt es keine erfolgversprechende Verteidigungsstrategie, die der Beweislast zu entkommen vermag. Aber Unbelehrbare und Beratungsresistente gibt es ja immer. So berichten manche der gebusteten User stolz, das Verfahren werde meist wegen Geringfügigkeit wieder eingestellt. Welche gesundheitlichen Schäden sie sich durch den Konsum der Räuchermischungen zugefügt haben, bleibt zunächst einmal dahingestellt. Doch schon alleine der Ärger mit der Staatsanwaltschaft müsste jedem das Bestellen dieses Zeugs im Internet vergällen. Doch die Angst vor einer Kriminalisierung von Cannabis, das ja in der Regel auf einer soliden (und zum Teil anonymisierten) Cash-and-Flow-Basis erworben wird, scheint stärker ausgeprägt zu sein als die Furcht, im Internet sämtliche Daten, elektronische Schleifspuren und eindeutige Indizienlagen zu hinterlassen. Aber es gibt ganz pfiffige Kerlchen, die in Internet-Foren um keinen noch so dreisten Rat verlegen sind. Man solle doch, so der Ratschlag, bei Firmen bestellen, die ihren Sitz im europäischen Ausland besäßen. So bestünde keine Gefahr, dass die deutsche Polizei diesen Shop schließen und an die Kundendaten gelangen könnte. Und aufgrund der EU-Bestimmungen stünden bei Lieferungen aus dem EU-Ausland auch keinerlei Zoll-Untersuchungen der Sendungen an. Doch damit nicht genug: Manche Shops werden regelrecht angepriesen: Es gäbe sie schon lange genug im Internet und diese Shops würden „ihre Hausaufgaben regelmäßig und zuverlässig“ erledigen. Das heißt im Klartext, dass diese Shops die von ihnen angebotenen Substanzen ständig chemisch analysieren lassen und dann abgleichen, ob sie unter das Stoffgruppengesetz des NpS-Gesetzes fallen. Nur wenn dies nicht der Fall ist, wird – so die Argumentation der User weiter – den deutschen Konsumenten das Produkt tatsächlich angeboten. Im Umkehrschluss sind die angebotenen Substanzen also chemische Zusammensetzungen, deren Konsum nicht abschätzbare Folgen auf Leib und Leben der User besitzen können, aber juristisch nicht zu beanstanden sind.

Na dann, cheers!

Wir folgen dem Ratschlag: Die entsprechende Seite hat ihren Sitz im benachbarten europäischen Ausland. Sie ist bunt und professionell. Die Betreiber unternehmen alles, um ihrer potenziellen Kundschaft jegliche Angst zu rauben, etwas Ungesetzliches zu tun. So findet sich ein ausdrücklicher Hinweis auf das neue Gesetz für psychoaktive Stoffe und die Versicherung, dass neue Produkte stets erst auf ihre Legalität hin analysiert werden, bevor sie in den Online-Handel gelangen. Der Shop betont, dass er im eigenen Interesse und zum Schutz der Kunden auch weiterhin ausschließlich Räuchermischungen versenden wird, die mit dem deutschen Gesetz absolut konform sind. Zusätzlich findet sich der Hinweis, dass diese legalen Räuchermischungen nicht unter das Arzneimittelgesetz fallen. Na, dann kann ja in dieser Hinsicht nichts schief gehen, denkt sich der naive User. Munter stellen wir einen kleinen Warenkorb zusammen. Die Produktverpackungen leuchten knallbunt, tragen die verheißungsvollsten und exotischsten Namen.

Es ist uns ein Anliegen, die Bandbreite der von schwach bis stark umschriebenen Produkte zu testen, um einen ausgewogenen Gesamteindruck zu erhalten. Bei allen angebotenen Räuchermischungen gibt es deutliche Warnhinweise. Das Zeug soll für Kinder unzugänglich aufbewahrt werden und sei auf keinen Fall für den menschlichen Konsum vorgesehen. Das wird mit dem Hinweis getoppt, dass die Räuchermischungen weder für Anwendungen am noch im menschlichen oder tierischen Körper geeignet seien. Also auch „Muschi“ oder „Hasso“ sollen und dürfen sich von dem Zeug ohne Gefahr für Leib und Leben nichts reinpfeifen. Zumindest sind die Betreiber der Online-Shops in diesem Punkt ehrlich. Zudem dürfe niemand unter 18 Jahren die Produkte erwerben. Im Netz findet sich aber entgegen aller Warnhinweise ein wahrer Hype an Blogs und Foren, welche die Wirkung von Räuchermischungen beschreiben und diskutieren. Hier werden dann entsprechend den Warnhinweisen simple Codierungen benutzt. Die Bedeutung von Aussagen wie „Ich verräucherte zwei „Züge“ am Stäbchen und der Raum war voll von einem intensiven Duft“, dürfte wohl so ziemlich jedem klar sein. Und wenn von einem Köpfchen die Rede ist, das ein sehr starkes Aroma entfaltet, dann sind wohl die letzten Zweifel beseitigt, was gemeint ist.

Das Zeug ist – entgegen jeglicher menschlichen Vernunft – zum Rauchen gedacht. Und an dieser Stelle sei noch einmal an die knapp 100 Toten erinnert, die 2016 an diesem Dreck gestorben sind. Viele Presseberichte sind voll von Horrorszenarien, wie Menschen, die Räuchermischungen und/oder Badesalze konsumiert haben, sich aus der Welt geschafft haben. Da liest man dann unglaubliche Geschichten von vollkommen amoklaufenden Typen, die sich zuerst in der Badewanne die Kehle durchzuschneiden versuchen, um sich im Anschluss noch zwei Kugeln in den Kopf zu jagen. Ein solches Verhalten ist doch mehr als abartig und würde keinem normalen THC-Konsumenten auch nur ansatzweise einfallen.

Was hat unser „Test“ ergeben?

1. „Baba Kush“: Klar, also mal Hand aufs Herz, wer mag keinen Kush? Eben! Das Produkt trägt den klangvollen Namen „Baba Kush“ und soll Assoziationen mit der beliebten Indica-Sorte Bubba Kush

erwecken. Auf der knallgrünen Verpackung ist ein grünes Obst- oder Tiergesicht mit grünen Ananas-Haaren und einer lilafarbenen Sonnenbrille abgebildet. Beworben wird die kleine Größe des Produkts, denn anscheinend sind 1-Gramm-Produkte auf dem Räuchermischungsmarkt eine Seltenheit. Zudem hat das Produkt einen beidseitig bedruckten Zipper-Bag. Wer da nicht vor Begeisterung ausflippt, ist selbst schuld oder hat zu wenig von dem Zeug geraucht. Zudem sei die fluffige Konsistenz von „Baba Kush“ sehr ergiebig. Bei der Intensität schneidet „Baba Kush“ mit drei von zehn möglichen Sternen recht schlecht ab, was aber wiederum „vorsichtigen“ und „ängstlichen“

Konsumenten, die aber dazu gehören wollen oder denen eine geringe psychoaktive Stimulierung ausreicht, entgegenkommen könnte.

Jeweils neun von zehn Punkten gibt es in den Kategorien Konsistenz und Qualität. Da schau her! Und das alles für „sagenhafte“ 8,99 € pro Gramm. Im Netz finden sich dann zahlreiche Beschreibungen der Wirkungen von „Baba Kush“. Diese sind von einer eifrigen und euphorischen Räuchermischungs-Communitiy eingestellt worden. Dort werden dezidiert die Wirkungsweisen und Erfahrungsberichte von „Baba Kush“ dargelegt. Demnach sei „Baba Kush“ eine eher aktiv-machende Räuchermischung. Das Fazit vieler Erfahrungsberichte lautet, dass die User froh seien, dass es wieder eine „schwache Räuchermischung“ auf dem Markt gibt. Also machen wir die Probe aufs Exempel und „verräuchern“ eine halbe Packung „Baba Kush“. Der Raum-Duft ist in der Tat sehr intensiv und das Zimmer stinkt – gelinde gesagt – wie eine Chemiefabrik. Der Rachen brennt und selbst am nächsten Tag ist es trotz kräftigem Mundwassereinsatz beinahe unmöglich, den verätzenden Geschmack wegzukriegen. Und die Wirkung? Hm, um ehrlich zu sein, recht wenig spürbar. Irgendwas ist ein klein wenig anders als sonst, aber es entspricht keinem „normalen“ Kiff-Erlebnis, unabhängig von der Frage, ob man Sativa oder Indica präferiert. Für uns ein absoluter Reinfall, der Geschmacksnerven chemisch verätzt und eine kaum beschreibbare, geringfügige Wirkung besitzt. Die User in den Internetforen haben das aus irgendeinem Grund anders wahrgenommen. Aber unser klares Fazit lautet: Finger weg von diesem Zeug!

Spice Gold

2. Als zweite, „mittelstarke“ Räuchermischung haben wir „Spice Gold“ bestellt. Klar, „Spice“ kennt fast jeder, hat es doch seinerzeit erst den „Run“ auf „Legal Highs“ so richtig eröffnet. Die von uns konsultierte Seite versichert, dass „Spice Gold“ in Deutschland und in den meisten anderen europäischen Staaten legal sei. Bedruckt ist die goldfarbene Verpackung mit dem berühmt-berüchtigten „Spice-Auge“. Drei Gramm kosten stolze 28,99 €. Die Intensität von „Spice Gold“ wird doppelt so stark angegeben wie die von „Baba Kush“, also sechs von zehn möglichen Punkten. Die Konsistenz schneidet mit sieben von zehn Punkten deutlich schlechter ab als „Baba Kush“, dafür liegt es bei der Qualität wieder gleichauf mit dem ersten getesteten Produkt. Ein Blog-Kommentar klingt eher enttäuscht, dass „Spice Gold“ von der Wirkung her eher „nur“ im Mittelfeld einzuordnen ist. Zwar hielte die Wirkung der Mischung recht lange an, sei aber nicht die ganze Zeit über gleich stark. Das nüchterne Fazit lautet, dass „Spice Gold“ eine gelungene Neuauflage des alten „Spice“ mit langanhaltendem Duft sei, es aber für denselben Preis deutlich stärkere Räuchermischungen gebe. Ganz anders ein Beitrag in einem anderem Forum mit der hochdramatischen Überschrift „Erfahrung mit Spice brachte mir beinahe den Tod“. Gut, der Bericht bezieht sich auf eines der Vorgängerprodukte, aber laut zahlreicher Testberichte ist ja die jetzige „Spice Gold“ Version die potenteste überhaupt. In dem Bericht ist von heftigem Übergeben, dem Notarzt, Bewusstseinsverlust und sogar dem Leibhaftigen (der einem erscheint) die Rede. Der Bericht korrespondiert inhaltlich mit zahlreichen eher lustig-ironisch gehaltenen Erfahrungsberichten, die Räuchermischungen eher auf die leichte Schulter nehmen. Vor allem zeigt er eins deutlich: Das Glücksspiel, das mit dem Erwerb einer jeden Einheit von Räuchermischungen verbunden ist. Denn egal welche Marke drauf steht, egal welcher Hersteller angegeben ist, man wird ohne vorherige chemische Analyse nie genau wissen, was drin ist. Soll heißen, die eine Packung „Spice Gold“ kann unter Umständen für den einen oder anderen durchaus kommensurabel sein, eine andere Packung enthält einen anderen Wirkstoff, der tödlich sein oder mit Langzeitfolgen für die Gesundheit enden kann. Nach dem geschmacklichen Chemie-Desaster von „Baba Kush“ fällt es schwer, sich hier für die Probe aufs Exempel zu motivieren. Aber da muss ein Investigativ-Reporter wohl durch. Und dann kommt die große Enttäuschung – beziehungsweise Erleichterung. Immerhin stinkt das Zeug nicht wie eine ganze Chemiefabrik und hinterlässt auch keine verbrannten Geschmacksknospen im Rachenraum. Das ist ja schon mal was. Während ich gespannt auf die Wirkung warte und hoffe, keinen Krankenwagen rufen zu müssen, stelle ich fest, dass da tatsächlich was passiert! Jaha, das kommt einem doch ein wenig bekannt vor. Leichtes Amüsement, ein wenig Kichern und das Fernsehprogramm erscheint auf einmal viel bunter und interessanter als sonst. Dann meldet sich noch der Magen und ich beginne sinnlos Lebensmittel in mich reinzustopfen. Doch neben dem Kopfaspekt besitzt diese Variante noch einen eher unangenehmen körperlichen Effekt. Es ist schwer, dies in Worte zu packen, aber der Körper fühlt sich nicht gut an. Es ist so, als ob die Eingeweide in einer unangenehmen Art und Weise beeinträchtigt würden. Das kontrastiert mit dem ganz angenehmen Kopfgefühl. Wer die ersten Spice-Versionen auf dem Markt kennt, der kann sich in etwa an deren Wirkung orientieren – „Spice Gold“ wirkt ganz ähnlich. Vergleicht man nun das Produkt von Mutter Natur mit dem synthetisch-chemischen Produkt, so ist es, als ob man eisgekühlten Champagner mit lauwarmem, abgestandenem Billig-Kopfweh-Sekt vergleicht. Das bezieht sich auch auf den nächsten Tag, denn hier fühle ich mich leicht mitgenommen und mein Körper etwas chemisch verseucht. Ich denke, dieses Beispiel zeigt schön auf, wie volatil die ganze Räuchermischungs-Chose ist. Während in der einen Packung („Baba Kush“) kein oder wenig Wirkstoff enthalten ist, kann in der anderen Packung viel zu viel von einem Wirkstoff enthalten sein, der mitunter Menschenleben grob fahrlässig gefährdet. Auch hier lautet das eindeutige Fazit: Finger weg, das ist ein Spiel mit nicht abwägbaren Konsequenzen und niemand kann wissen, wie das ausgeht.

3. Den Hammer der Räuchermischungen haben wir uns für den Schluss aufgehoben. „Joker“ hat neun von zehn möglichen Punkten in Puncto Intensität und scheint von daher Spitze zu sein. Auch sonst Bestwerte: In der Kategorie Konsistenz gibt es sogar die Höchstzahl und für die Qualität neun Punkte. Auf der schwarzen, bedrohlich wirkenden Packung ist ein fieses, grafisch stilisiertes Konterfei des Jokers (Bösewicht im DC-Universum) zu sehen. Diese Message ist klar. Das Zeug ist nix für Weicheier und nur die Harten kommen in den Garten. Vier Gramm kosten 34 €. Die Werbung ist – das war nicht anders zu erwarten – vollmundig. Es handle sich um eine der stärkeren legalen Mischungen und sollte sehr sparsam dosiert werden. Versteht sich von selbst, damit der Raum-Duft nicht zu intensiv wird, um in der Bildersprache der User zu bleiben. Was sagen die Erfahrungsberichte über diese Hammer-Horror-Mischung? Während ein User schreibt, dass sich seine Eingeweide anfühlen, als hätte man sie im Fußbad zur Entspannung abgelegt, berichten andere von Taubheitsgefühlen auf der Haut und im Mund sowie dem Verlust jeglichen körperlichen Gefühls in den Händen, Beinen etc. Wow, da scheint’s ja mächtig abzugehen! Dann ist wieder andernorts von Fressflash, Komaschlaf und Heiterkeit die Rede. Aber auch die eher positiv eingestellten User warnen eindringlich vor einer „Joker“-Überdosierung, da diese mitSicherheit unangenehme Folgen für Geist und Körper hätte.

Das Produkt sei zudem nur für User mit reichlich Erfahrung und einer hohen Toleranz geeignet. Obacht, das kann Lebensgefahr bedeuten. Doch genau auf diesen Nervenkitzel scheinen es die Hersteller von Räuchermischungen abgesehen zu haben. Die Konsumenten sollen durch Spannung und die eher auf Kindergartenniveau befindlichen Fragen „Wer ist der Härteste?“ und „Wer kann am meisten von dem Zeug ab?“ zum Kauf, Konsum und wettbewerbsmäßigen Konkurrenzverhalten aufgefordert werden. Das ist nicht nur fahrlässig, sondern könnte den Tod von Personen billigend in Kauf nehmen. Also taste ich mich ganz langsam an diese Teufelsmischung heran. Und ich muss zugeben, dass auch dieses Mal der geschmackliche Overkill ausbleibt. Klar, das ist Chemie pur und irgendwo dringt das auch durch, aber eben nichts im Vergleich zu „Baba Kush“. Und nach wenigen Zügen und Sekunden spüre ich erste Wirkungen. Zuerst denke ich „Wow, das gibt’s ja gar nicht bei der geringen Menge”, als mit einem Schlag das dümmliche Grinsen aus meinem Gesicht weggewischt ist und ich innerliche Veränderungen spüre. Wenn jetzt jemand sensitiv gepolt ist, dann kann er schon leicht in Panik verfallen. Denn irgendwie berührt „Joker“ die menschlichen Innereien und stellt Dinge mit ihnen an, die ganz schwer zu beschreiben sind. Lunge, Herz, Leber und so weiter fühlen sich an, als ob sie durch eine Art Weichspüler

gezogen werden und das fühlt sich weder richtig noch gut oder angenehm an. Nach zwei weiteren kleinen Versuchen überlagert die körperliche Komponente die geistige vollkommen. Auf einmal kriegt meine Optik einen Grünstich und ich weiß überhaupt nicht, ob mir das gefällt. Das Gesamtpaket ist in jedem Fall furchtbar! Ich muss ernüchtert feststellen, dass auch „Joker“ überhaupt nicht meinen Geschmack trifft und vom natürlichen Ideal, sprich Gras oder Hasch, Lichtjahre entfernt ist.

Wer „Baba Kush“, „Spice Gold“ oder „Joker“ raucht, der hat entweder sehr viel Angst oder er weiß es nicht besser. Auch hier, wie für alle Räuchermischungen, mein klares, unumstößliches Fazit: Das ist russisches Roulette pur – man weiß nie, wann die Kugel in der Kammer steckt und es einen erwischt! Vielleicht nicht sofort, vielleicht auch nicht morgen, aber irgendwann werden einen spätestens die Langzeitfolgen dieser synthetisch-chemischen Teufelsdrogen einholen.

Was bleibt? Es spielt keine Rolle, wie das Individuum den Konsum sogenannter „Legal Highs“ wahrnimmt. Es mag meinetwegen im Einzelfall zutreffen, dass das Spaß macht, eine gute Zeit beschert und hilft, das Grau des Alltags zu vergessen, was ich mir bei den getesteten Produkten allerdings kaum vorstellen kann. Aber trotz aller Bemühungen des Gesetzgebers – inklusive ganzer Stoffgruppenverbote – konnte er die Problematik nicht in den Griff bekommen. Denn der Profit, den „Legal Highs“ abwerfen, ist viel zu hoch, als dass Hersteller und Zwischenhändler die Finger davon lassen. An dieser Stelle sei noch einmal das Interview mit Herrn Dr. Harald Terpe bemüht, da er eine klare Sprache spricht und den Sachverhalt auf den Kopf trifft: Auf dem illegalen Drogenmarkt ginge es um knallharte wirtschaftliche Interessen, die mit allen erfinderischen Mitteln verfolgt würden, so Terpe. Weiterhin würden immer neue Substanzen auftauchen, die von dem Verbot nicht erfasst seien und mitunter gefährlicher wären als die „klassischen“ Substanzen. Jugend- und Verbraucherschutz sowie Prävention würden in diesem Rennen gnadenlos abgehängt, so sein Resümee.

Dabei ist von Langzeitfolgen und Langzeitschäden, die der Konsum von „Legal Highs“ hervorbringen kann, noch nicht mal die Rede, denn die sind so gut wie nicht erforscht. Alle Versuche der Gesetzgeber des Problems Herr zu werden scheitern offensichtlich. Und die Blogs und Internetforen, die für „Legal High“-Konsumenten eingerichtet wurden, triefen geradezu vor Hohn gegenüber dem Gesetzgeber, dass dieser nicht in der Lage ist, ihnen den vermeintlichen Spaß mit dem Zeug zu verderben. Hier ist es nach unserem Erachten höchste Zeit für ein Umdenken und einen Wandel der Cannabis-Politik in Deutschland. Von einem Verbot und der Kriminalisierung von Verkäufern und Konsumenten müsste der Trend – wie in zahlreichen anderen Ländern – hin zur Legalisierung gehen. Die Zulassung von Cannabis zu medizinischen Zwecken war sicherlich ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Aber von einer Legalisierung oder besser vielleicht: staatlichen Regulierung von Cannabis sind wir in Deutschland – ganz im Gegensatz zu vielen anderen, progressiveren Ländern – noch meilenweit entfernt. Daran wird sich unter den bestehenden politischen Verhältnissen auch kaum etwas ändern.

Wenn Cannabis erst einmal legalisiert wäre, würde der Markt für „Legal Highs“ in Deutschland mehr oder weniger auf einen Schlag wegbrechen. Es würden Jobs und Steuereinnahmen in Millionenhöhe entstehen und die Ent-Stigmatisierung und Ent-Kriminalisierung von Hunderttausenden deutscher Cannabis-Konsumenten wären weitere wichtige Meilensteine für eine progressive und das Selbstbestimmungsrecht der Menschen ernstnehmende Politik, die der Bevöl- kerung zu Gute kommen würde. Und dann wäre auch Schluss mit dem möglicherweise tödlich endenden russischen Roulette der „Legal Highs“.