06 Die Schattenseiten der legalen Cannabiswirtschaft, Teil 1_01

Die Schattenseiten der legalen Cannabiswirtschaft, Teil 1

Kaum ein anderer Beruf ist so spannend, erfüllend und abwechslungsreich wie der eines Cannabis-Reporters. In zwei Artikeln werde ich Euch Einblicke in die Welt hinter die Kulissen der glitzernden Cannabis-Welt ermöglichen, die in meinen Artikeln aus verschiedenen Gründen nicht präsentiert wurden. Macht Euch gefasst auf eine Reise durch eine wahrhaftige Wundertüte, bei der die Grenzen zwischen gut und böse, liberal und konservativ sowie kriminell und rechtschaffend recht fließend sind.

Der Traum vom eigenen Hanfshop

Jetzt mal ganz ehrlich und Hand aufs Herz, liebe Leser: Wer von Euch hat denn nicht schon einmal davon geträumt, einen holländischen Coffeeshop oder spanischen Cannabis Social Club zu „besitzen“? Oder in einem Coffeeshop bzw. CSC in leitender Funktion tätig zu sein? Sei es auch nur der „coole“ Job des Dealers, der die verantwortungsvolle Aufgabe innehat, die richtige Ware in der korrekten Menge an die Frau und an den Mann zu bringen.

Erscheinen uns da die Verlockungen nicht wahnsinnig groß? Wer würde sich da nicht vorkommen, wie ein kleiner, Süßigkeiten liebender Junge im Willi-Wonka-Wonderland? Im ganzen Laden gäbe es die feinsten und köstlichsten Naschereien. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute – wann auch immer das Herz danach verlangt. Obwohl ich Realist bin und weiß, was im Leben möglich ist und was nicht, muss ich zugeben, dass auch ich schon so manche Minute mit derartigen Tagträumen verbracht habe.

Doch bekanntlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Es zählt zu den Nebenerscheinungen eines Cannabis-Reporters, dass der Einblick in die Wirklichkeit einen manchmal ziemlich schnell und rüde von solch überbordenden Fantastereien zurückholt. Bei meinen zahlreichen Recherche-Reportagen in den Niederlanden war es mir immer wieder mal vergönnt, mich ausgiebig mit Coffeeshop-Besitzern und leitenden Angestellten von Coffeeshops auszutauschen. Und hierbei habe ich auch (teilweise „unter der Hand“) viel über die Schattenseiten dieses Berufs gelernt, die dem Laien in der Regel gar nicht so klar sind. Diese Aspekte möchte ich in diesem Zweiteiler beleuchten, wobei auch die positiven Begleitumstände einer solchen Tätigkeit nicht verschwiegen werden sollen – denn im Kern ist und bleibt es doch ein Traumjob.

Nur durch die Hintertür

Eine gemeinsame Sorge eint viele Coffeeshop-Besitzer in den Niederlanden – dies habe ich bereits in den unterschiedlichsten Städten von verschiedenen Akteuren gehört. Ob nun in Amsterdam, Rotterdam, Eindhoven, Nijmwegen, Den Haag, Arnheim oder sonst wo. Das diesbezügliche Stichwort dürfte auch den hiesigen Freunden der Cannabispflanze gehörig den Schrecken in die Glieder fahren lassen. Denn aufgrund des unklaren Status hinsichtlich der Legalität von Coffeeshops haben viele der in diesem Bereich arbeitenden Menschen Angst vor Konflikten mit dem Gesetz. Kurz zur Erinnerung: In den Niederlanden ist zwar der Besitz von geringen Mengen Cannabis entkriminalisiert, aber es herrscht immer noch die sogenannte „Backdoor-Policy“. Die Coffeeshops dürfen demnach ihre THC-haltigen Waren wie Gras und Haschisch völlig legal an volljährige Kunden verkaufen (in Städten mit dem eingeführten Wiet-Pas allerdings nur an die lokalen Einwohner; alle anderen Städte dürfen auch an Touristen verkaufen), aber die Coffeeshop-Besitzer müssen die Cannabisblüten und das daraus gewonnene Haschisch nach wie vor mehr oder weniger illegal ankaufen. Das bedeutet, dass der Dealer den Coffeeshop durch die Hintertür betreten und dem Besitzer die Ware heimlich bzw. illegal verkaufen muss. Erschwerend kommt hinzu, dass die Coffeeshops zu keinem Zeitpunkt mehr als 500 g Haschisch und Gras gleichzeitig in ihrem Laden haben dürfen. Wer die gut frequentierten Coffeeshops in Amsterdam und anderswo kennt, der weiß auch, dass diese Menge schlichtweg lächerlich niedrig ist, da die Touristen häufig in nicht vorhersehbaren Mengen und regelrechten „Schwüngen“ vorbeischauen und der Coffeeshop dann ganz schnell leergekauft wäre. Oder dass zumindest einige der auf der Menü-Karte feilgebotenen Waren dann einfach nicht mehr vorrätig wären. Dieses Szenario ist für alle Besitzer, mit denen ich gesprochen habe, einfach furchtbar – denn nichts ist schlechter für den Ruf und das Renommee eines Coffeeshops, als die angepriesenen Waren dann gar nicht vorrätig zu haben. Deshalb stehen Coffeeshop-Besitzer quasi immer mit einem Bein im Gefängnis, denn sie müssen in der Nähe ihres Ladens ein Depot für die illegale Ware anlegen, aus dem sie ganz schnell und bei Bedarf adäquaten Nachschub organisieren können. Wegen der 500-g-Grenze und der strengen Backdoor-Policy ist schon der Ankauf von größeren Mengen Gras oder Haschisch streng genommen illegal.

Einmal wurde ich Zeuge eines ziemlich großen Deals, der auch mich richtig von den Socken gehauen hat. Der Chef-Manager einer der größten und bekanntesten Amsterdamer Coffeeshop-Ketten (die ebenso eine Samenbank, Restaurants usw. betreiben – also beinahe schon ein richtiger „Konzern“) und ich saßen in einem gemütlichen Restaurant bei Bier und gutem Essen. Der Manager, mit dem ich schon seit Jahren freundschaftlich verbunden bin, schaute dabei immer wieder nervös auf sein Handy. „Jetzt müsste er bald kommen“, wiederholte er ein ums andere Mal.

Die Rede war von einem seiner Dealer oder (um ein neutraleres und wirtschaftsfreundlicheres Wort zu benützen) Lieferanten. Schließlich betrat ein ziemlich durchtrainierter Mann das Restaurant und blickte sich ein klein wenig nervös um, was man aber auch nur feststellte, wenn man die Gesamtsituation kannte. Als er meinen Gesprächspartner erblickte, hellte sich seine Miene auf. Er kam zügig zu unserem Tisch und stellte eine hochwertige, dunkelbraune Ledertasche darunter – so, als ob sie da und nirgendwo anders hingehöre. Es war ziemlich offensichtlich, dass der Mann Wert auf eine gepflegte Erscheinung legte, um nicht der Polizei oder sonst jemandem unangenehm aufzufallen. Auf der anderen Seite vermied er zu exklusive Kleidung oder Schmuckstücke, die auch wieder verräterisch hätten sein können. Zu seiner Tarnung gehörte auch die exklusive Ledertasche, die mindestens fünfhundert Euro gekostet hatte. Mein Freund nahm die Tasche und öffnete sie so, dass auch ich einen Blick reinwerfen konnte. Was ich dort sah, haute mich beinahe vom Hocker. In der Tasche befand sich luftdicht verpacktes und stark zusammengepresstes Gras. „Wie viel ist denn das?“ wollte ich direkt wissen. Doch Freundschaft ist Freundschaft und Business ist Business, sodass ich auf diese Frage verständlicherweise keine konkrete Antwort erhielt. Allerdings schätzte ich das Volumen der dort gehandelten Ware auf mehrere Kilogramm. „Die Menge ist auf jeden Fall ausreichend, um mich und meinen Kollegen hier hinter Gitter zu bringen…“ Die beiden Niederländer mussten recht herzlich lachen – wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass dabei auch eine Spur von Angst mit durchklang.

Den meisten Coffeeshop-Besitzern in den Niederlanden geht es ebenso wie meinem Freund in Amsterdam, denn sie müssen die Ware ja in größeren Mengen erwerben, damit für sie der Preis stimmt und sie überhaupt Gewinn durch den Weiterverkauf erwirtschaften können. Zudem ist es auch eine logistische Frage, denn Coffeeshop-Besitzer können nicht einfach jeden Tag aufs Neue Angebote begutachten, testen und dann ankaufen, um sie in ihren Shops anbieten zu können.

Die widersprüchliche niederländische Gesetzeslage zwingt also niederländische Coffeeshop-Besitzer regelrecht dazu, ständig Straftaten zu begehen. Dabei ist meines Erachtens zweierlei in Gefahr: Einmal die Freiheit des Geschäftsmanns und zum anderen aber auch die Existenz des eigenen Ladens. Wenn ein Coffeeshop-Besitzer beim Ankauf von zu viel Ware oder aber im Besitz von zu viel Cannabis erwischt wird, dann droht zumindest die dauerhafte und irreversible Schließung seines Coffeeshops. Diese Szenarien – Knast und/oder Laden zu – sind verständlicherweise ein SuperGAU-Szenario, das es nach allen Regeln der Kunst zu vermeiden gilt. Nur so lassen sich auch manche Skurrilitäten des Business erklären. Ein anderer Chef-Manager einer der bedeutendsten niederländischen Cannabis-Marken (auch hier ein Konzern inklusive Coffeeshops, Growshops, Samenbank, Restaurants, Hostels usw.) erklärte mir, dass er einen Angestellten in Vollzeit beschäftige, der ständig die eigenen Coffeeshops aufsuche, um zu kontrollieren, dass sich darin nie mehr als die erlaubten 500 g Gras und Haschisch befinden. Bis dahin hatte ich mir auch in meinen kühnsten Träumen niemals solch ein Berufsbild vorstellen können. Eine zutreffende Berufsbezeichnung dafür gibt es nicht – und es dürfte auch schwierig sein, hier den genau passenden Begriff zu finden. „Nachwieger“, „Gewichtskontrolleur“ oder „Legalitätsprüfer“ vielleicht?

Geschmierte Geschäfte

In Rotterdam wurde mir hinsichtlich dieser prekären Aspekte gleich mehrfach das Herz heftig ausgeschüttet. Diesen Erzählungen zufolge hängt so ziemlich alles von einem guten Verhältnis zu den örtlichen Polizei-Behörden ab – oder noch besser: zur Spitze der Gemeindeverwaltung, sprich: dem Bürgermeister. Auf diesen nicht unwesentlichen Aspekt des Geschäftslebens als Gras- und Haschisch-Händler in den Niederlanden werde ich später noch einmal vertiefend eingehen. Ein Coffeeshop- Besitzer mit maghrebinischem Hintergrund, der seinen Laden in der (berühmt-berüchtigten) Chinatown Rotterdams hat, verriet mir seine große Angst vor der Polizei und den örtlichen Behörden: „Es hängt alles davon ab, ob es dir gelingt, ein gutes Verhältnis zur Polizei aufzubauen.

Wenn du das nicht hast, dann bist du dran. Die machen deinen Laden schneller dicht, als du gucken kannst. Da muss nicht einmal irgendetwas Illegales vorliegen. Auch mit weniger als 500 g in deinem Laden gibt es zahlreiche Begründungen, wieso die Behörden deinen Laden schließen können. Manchmal versuchen sie dir in krassen Fällen sogar mehr Cannabis unterzuschieben, als tatsächlich da war. Das machen sie natürlich nur, wenn sie dich ohnehin schon im Visier haben. Oder sie glauben, dass du sie irgendwie provoziert hast.“

Wow – so eine Aussage sollte man erst einmal sacken lassen. Denn wer hätte gedacht, dass niederländische Behörden ein solches Maß an behördlicher Willkür walten lassen (können). Nun gut, wer die Meldungen bezüglich Cannabis-Delinquenten in Deutschland aufmerksam verfolgt, kommt nicht umhin, auch hier festzustellen, dass manchmal Eindrücke behördlicher oder juristischer Willkür entstehen können.

In Eindhoven wurde mir noch von anderen schmutzigen Tricks berichtet, die zur Schließung von Coffeeshops führen können. Häufig sind es Nachbarn, denen der Cannabis-Laden ein Dorn im Auge ist, da er die „saubere“ und „nette“ Nachbarschaft angeblich verunstaltet. Diese besorgten Mitbürger rufen dann häufig die Polizei an, z. B. wegen angeblicher Lärmbelästigung. Wer sich in niederländischen Coffeeshops auskennt, der weiß, dass dies eher die Ausnahme ist, denn Kiffer sind in der Regel eher ruhig und introvertiert. Doch damit ist das Maß an Perfidität noch nicht voll. Denn eine Lärmbelästigungsanzeige führt nicht immer zum gewünschten Erfolg. Also greifen manche bösartigen Nachbarn tief in die Trickkiste und zeigen den unliebsamen Coffeeshop-Besitzer an, da er (den erfundenen Erzählungen zufolge) Cannabis auch an Jugendliche verkauft habe. An sich dürfte an diesem Punkt Einigkeit bestehen. Selbstverständlich ist ein Verkauf an Minderjährige zu verhindern und die Coffeeshops, welche dies nicht tun, sollten auch berechtigterweise mit Sanktionen rechnen. Schließlich sollte Jugendschutz auch und gerade beim Thema Cannabis groß geschrieben werden. Doch häufig sind diese Beschuldigungen schlichtweg erfunden, damit der unliebsame „Schandfleck“ von Coffeeshop aus der Nachbarschaft verschwindet.

„Das Problem dabei ist, dass der Coffeeshop-Besitzer in diesem Fall quasi seine Unschuld beweisen muss“, erklärte mir mein Gesprächspartner aus Rotterdam. „Es ist schon klar, wie schwer der Beweis der eigenen Unschuld bei einem angeblichen Delikt ist, das gar nicht begangen wurde. Da hängt dann alles von deinem Ruf und deinen Beziehungen zu den Behörden ab.“

Auch das klang für mich wieder nach ziemlicher Willkür. In jedem Fall zeigt es, dass Coffeeshop-Besitzer sich nie wirklich sicher fühlen können.

Traumjob oder aus der Traum?

Alleine schon dieser kleine Einblick in das Dasein von niederländischen Coffeeshop-Besitzern dürfte gezeigt haben, dass dieses nicht immer/nur einem traumhaften Leben entspricht. Im Gegenteil, es gibt allenthalben Fallstricke, welche die eigene Freiheit und die Existenz des Ladens gefährden können. Mit diesem ständigen Spannungsverhältnis muss ein Coffeeshop-Besitzer also gut umgehen können. Wer nicht die Nerven dafür hat, der sollte sich von diesem vermeintlichen Traumberuf verabschieden. Es sei aber auch noch angemerkt, dass alle in diesem Artikel erwähnten Personen grundsätzlich ganz glücklich und zufrieden hinsichtlich ihrer Tätigkeiten wirkten. Wie bei beinahe jedem Beruf gibt es eben auch im Coffeeshop-Business Licht und Schatten. Es ist nicht nur ein knallhartes Geschäft mit viel Konkurrenz, sondern aufgrund der vagen niederländischen Gesetzgebung laufen die Besitzer auch ständig Gefahr, inhaftiert zu werden und/oder ihren Laden zu verlieren.

Trotzdem versprühten die meisten Interview-Partner einen inhärenten Enthusiasmus, der schon ein wenig neidisch macht und den Verdacht nahelegt, dass sie eigentlich ganz gute Kunden im eigenen Laden sind. Oder mal anders formuliert: Wenn man den Erzählungen der Coffeeshop-Besitzer zuhört, stärkt das in der Regel schon den Wunsch, selbst einmal solch ein Abenteuer zu erleben. Auch wenn das manchmal brandgefährlich ist und es dann sogar um Leben und Tod gehen kann, wenn man es mit krassen Kriminellen zu tun hat.

Aus dem Alltag eines Coffeeshop-Besitzers

In der Nähe des Leidsepleins in Amsterdam liegt ein alteingesessener Coffeeshop. Früher war das ein normales niederländisches Café, in dem Bier, Wein, Spirituosen und auch mal Kaffee ausgeschenkt wurden. Der heutige Inhaber ist ein sympathischer Typ, der gerade die 40 überschritten hat. Typ Teddybär, mit rötlich-braunem Vollbart und einer Nerd-Brille, wie sie auf der ganzen Welt ziemlich verbreitet ist. Sein Onkel hatte ihm, als er Anfang 20 war, aus Großbritannien die ersten LSD-Trips mitgebracht. Und einer dieser wunderbaren Trips enthielt für ihn die göttliche Offenbarung, dass er das Café übernehmen und daraus einen Coffeeshop machen solle.

Jetzt mal ganz ehrlich: Ich denke, viele von uns hätten nicht einmal eine Mikrodosis LSD benötigt, um zu dieser bahnbrechenden Erkenntnis zu gelangen. Doch dann klagte mir der Inhaber überraschenderweise zunächst sein Leid. Da sein Coffeeshop nicht direkt an der Haltestelle Leidseplein, sondern ein paar Seitenstraßen weiter nach hinten versetzt liegt, liefen die Geschäfte bei ihm nicht mehr ganz so gut. Insbesondere die Filiale des Bulldogs direkt am Leidseplein mache ihm zu schaffen, da britische Touristen meist dort hingehen und auch nur selten gewillt sind, neue Shops auszuprobieren. Um der guten alten Zeiten willen wird in seinem Laden auch noch (alkoholfreies) Bier ausgeschenkt – schließlich hatte ihm sein Onkel den Laden vermacht und ihm gesagt, er solle ihn schön herrichten und das Beste draus machen. Ich denke, das hat er wohl getan. Stolz präsentierte er mir dann sein nicht unbeachtliches Menü, das sich aber im Vergleich zu den großen Amsterdamer Coffeeshops doch ein wenig schwer tut bzw. etwas bemüht wirkt. „Was war denn bisher dein größter Ärger?“, möchte ich von Chuck wissen. „In den Niederlanden oder insgesamt?“, fragt er. Ich antworte ihm, dass das egal ist, solange es mit seiner Tätigkeit als Coffeeshop-Besitzer zu tun hat. Chuck kratzt sich ausgiebig hinter dem Ohr und bröselt noch ein wenig Kanten in sein Gras – er hat mir verraten, dass er das immer so macht, damit er auch genügend CBD abkriegt.

„Also, das Erlebnis, das am schlimmsten hätte ausgehen können, hatte ich in Spanien“, beginnt er seine Erzählung. Inzwischen spielt Spanien für die meisten niederländischen Coffeeshop-Besitzer eine herausragende Rolle. Dorther bezogen die Niederländer bereits vor der Zeit der Cannabis Social Clubs einen Großteil ihres Haschischs und Cannabis. Nordafrika war vielen Inhabern zu heikel – Spanien schreckte sie dagegen nicht ab. „Ich war bei meinen Freunden in Spanien zu Besuch“, fuhr mein Gesprächspartner fort. „Ich musste das Menü für das kommende Geschäftsjahr zusammenstellen und testete bei meinen Freunden in Südspanien jede Menge Gras und Haschisch. Wir hatten uns lange Zeit nicht mehr gesehen und so wurde es ein ziemlich wildes Wiedersehensfest. Die Jungs und Mädels wollten mir natürlich auch präsentieren, was für tolles Zeug sie auf Lager hatten – und wie viel sie davon vertragen konnten. Das ging dann beinahe eine ganze Woche lang so.“ Als Chuck mir das erzählte, lief mir sprichwörtlich das Wasser im Mund zusammen. Denn das ist doch eine ganz ideale Vorstellung von harter und ehrlicher Arbeit: Den ganzen Tag in Spaniens wunderbarer Sonne zu sitzen, dabei zig Sorten Gras und
Haschisch auszuprobieren und sich dann zu überlegen, wie man das Menü für die kommende Saison aufstellt. Also besser geht’s doch wohl kaum. Aber mein Gegenüber wiegelte ab und erzählte weiter: „Und dann kam es ziemlich dicke. Ich meine, wir sind nicht die ganze Zeit auf der Finca gewesen, sondern sind auch eine Menge herumgefahren. Das war weniger geschäftlich, als vielmehr zum Vergnügen. Und natürlich haben wir immer reichlich Dope mitgenommen auf unsere Ausflüge. Da meine Freunde und ich vor der spanischen Polizei durchaus Respekt hatten, haben wir es immer gut in meinem Auto versteckt. Am letzten Abend, bevor ich zurück in die Niederlande reisen musste, hatte ich einen Geistesblitz: Ich musste ja noch mein Auto durchsuchen, denn sicherlich hatten wir so manches Piece und manches Tütchen Gras so gut versteckt, dass wir uns im bekifften Zustand nicht mehr daran erinnern konnten, wo genau es versteckt war. Also schrieb ich auf einen Zettel am Abend des Abschiedsfests ‚clean the car‘. Doch die Sause war so heftig und dauerte so lange, dass ich am nächsten Tag ziemlich ratlos mit dem Zettel in der Hand dastand. Ich konnte mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was ich mit Auto aufräumen oder waschen meinte. Mein Auto war doch sauber. Und so fuhr ich dann zurück. An der französischen Grenze wurde ich dann tatsächlich von der Polizei und vom Zoll gestoppt. Warum ist mir bis heute ein Rätsel. Ich sehe doch überhaupt nicht verdächtig aus.

Zum Glück hatten die Grenzer keinen Hund dabei. Ich kann dir aber versichern, dass die äußerst gründlich mein ganzes Auto durchsucht haben.“
Ich kann die Pointe kaum noch abwarten und frage begierig: „Und?“
Chuck lächelt und fährt fort: „Mann, so einen Schiss habe ich selten in meinem Leben gehabt. Ich hatte nämlich keine Ahnung, ob und wenn, wieviel Zeug ich in meinem Auto hatte. Aber sie haben letztendlich nichts gefunden. Nicht einen Krümel.“
Natürlich möchte ich wissen, wie die Geschichte weiterging. „Als ich dann zu Hause war, habe ich beschlossen, mich noch einmal intensiv auf die Suche zu machen. Das hatte weniger damit zu tun, dass es mir auf ein paar Gramm mehr oder weniger ankam. Aber ich wollte auf keinen Fall mehr bei einem Grenzübertritt in eine ähnliche Situation geraten. Also, insgesamt habe ich dann über 20 g Haschisch und Gras an verschiedenen Stellen in meinem Auto entdeckt. Die Verstecke waren so gut gewählt, dass nicht einmal die französischen Polizisten und Zöllner sie finden konnten. Meine spanischen Freunde waren einfach besser als die professionellen Schnüffler vom Staat.“