Vor mittlerweile 40 Jahren gründete Roger Liggenstorfer den ersten Buchverlag im deutschsprachigen Raum, der sich hauptsächlich auf die Veröffentlichung von Büchern zu Drogeninformationen, Drogenpolitik, Cannabis als Medizin und psychedelischer Kultur spezialisiert hat. Roger gibt die Verlagsführung in diesem Jahr an seinen Nachfolger Lukas Emmenegger ab. Wir trafen die Schweizer Verleger zu einem ausführlichen Gespräch und sprachen mit ihnen über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Nachtschatten Verlags.
Was hat dich in den 80er Jahren dazu motiviert, einen Verlag mit Spezialisierung auf psychedelische Kultur und Drogeninformationen zu gründen?
Roger: Die Motivation entstand aus dem Umstand, dass man mir als Marktfahrer Bücher zum Hanfanbau und Haschisch-Kochbücher beschlagnahmt und mir beim darauffolgenden Prozess wegen öffentlicher Aufforderung zum Drogenkonsum drei Wochen Knast aufgebrummt hatte. Das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen, daher habe ich als Reaktion auf die Verurteilung den Verlag gegründet. Frei nach dem Motto: Jetzt erst recht – und weil es damals kaum Informationen zu psychoaktiven Substanzen gab.
Wie hast du die ersten Autoren und Bücher gefunden und nach welchen Kriterien hast du sie ausgesucht?
Roger: Zum Teil kamen die Autoren – auch durch die Öffentlichkeit des Prozesses – auf mich zu. Auch der erste Autor des Verlages, Thomas Kessler – mit seinen beiden Büchern „Hanf in der Schweiz“ und „Cannabis Helvetica“. Ein wichtiges Kriterium war und ist immer noch, ob das, was ein Autor oder eine Autorin vorlegt, fundiert und von großem Interesse ist und eine wichtige neue Information darstellt.
Über die Jahre hast du mit vielen renommierten Autoren und Wissenschaftlern wie Albert Hofmann, Timothy Leary und Ralph Metzner zusammengearbeitet. Wie kam es dazu und kannst du uns hiervon ein paar Anekdoten erzählen?
Roger: Insbesondere mit Albert Hofmann verband mich eine jahrelange tiefe Freundschaft. Wir haben ja auch nicht allzu weit voneinander gewohnt – nur knapp eine Autostunde. Begonnen hat diese im selben Jahr, in dem der Verlag gegründet wurde, also 1984. Ich lud Albert zu einem Vortrag ein, natürlich über LSD. Für ihn war es damals wichtig, LSD in einem Gesamtkontext zu sehen: Was LSD für unser Bewusstsein, unsere Wahrnehmung der Welt – damals war das Waldsterben ein omnipräsentes Thema – und unser eigenes Wohlbefinden bedeutet. Also ein reflektierter Konsum, um das Potenzial dieser besonderen Substanz als Ganzes zu erfahren. Anekdoten mit Albert gäbe es zuhauf zu erzählen, eine Woche vor seinem Tod im Jahr 2008 organisierte Albert zum Beispiel in seinem Haus ein Harfenkonzert,
eingeladen waren meine Partnerin und ich, einige Familienvertreter und Freunde, insgesamt etwa 25 Personen. Es war sein eigentliches Abschiedskonzert. Wir haben aber auch einige Reisen zusammen unternommen – beispielsweise nach Eleusis, Griechenland. Auch das war ein Highlight der besonderen Art.