Der verstorbene Kabarettist Dieter Hildebrandt sagte mal: „Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.“ Und ein ganz anderer Satz aus einem völlig anderen Universum lautet: „Fußball hat mit Politik nichts zu tun.“ Nimmt man dann noch: „Fußball ist die schönste Nebensache der Welt“, und wendet man darauf den klassischen Dreisatz aus der Mathematik an, dann ergibt das: „Wirtschaft ist die Politik, die dem Fußball keinen Spielraum mehr lässt.“ Und auch wenn ich selber diesen Gedanken erst dreimal lesen musste, bis ich ihn verstanden hatte, so komme ich nicht umhin, festzustellen: „Das stimmt.“
In den 70er Jahren gab es mal einen Aufschrei, als sich ein gewisser Kräuterlikör-Hersteller mit Eintracht Braunschweig verbünden wollte, was damals untersagt wurde. Heute würde man (frei nach Michael Gorbatschov) sagen: „Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben.“ Denn wer weiß, wie Braunschweig inzwischen dastehen würde, wenn der DFB damals schon die gleichen Maßstäbe angesetzt hätte wie heute. Wahrscheinlich als mehrfacher Champions-League-Sieger. Mit Ronaldo und Messi in einer Mannschaft.
Womit wir bei RB Leipzig wären. Einem Verein, der beinahe nicht am europäischen Wettbewerb hätte teilnehmen dürfen, weil eine Regelung der UEFA besagt: „Wenn ein Investor gleichzeitig bei mehreren Vereinen Anteile von über 33 % besitzt, so darf nur einer der beiden Vereine europäisch spielen, und zwar der, der in seiner Liga den höheren Tabellenplatz hat.“ Das wäre im Fall von Investor Dietrich Mateschitz Red Bull Salzburg gewesen. Allerdings hat man dann entdeckt, dass die Transfereinnahmen bei RB Salzburg so hoch waren, dass diese den Anteil von Mateschitz unter 33 % drückten. Und
wodurch hat Salzburg diese hohen Transfererlöse erzielt? Durch Verkäufe an RB Leipzig. Wenn das finanzielles Fairplay ist, möchte ich unfaires Spiel gar nicht erst kennenlernen. Ralf Rangnick, der ehemalige Manager von RB Leipzig sagte mal: „In 500 Jahren ist RB Leipzig genau so ein Traditionsverein wie Borussia Dortmund. Nur eben 400 Jahre jünger.“
Das ist natürlich nicht ganz richtig, denn wenn die Entwicklung so weitergeht, dann ist RB Leipzig in 500 Jahren genau so ein Traditionsverein wie Starbucks Erkenschwick oder IKEA Pirmasens. Oder Jägermeister Braunschweig. Borussia Dortmund dürfte es dann so eher nicht mehr geben. Was mich freuen könnte – wenn ich nicht wüsste, dass es Schalke 04 dann so auch nicht mehr geben wird. Nur den Fußball, den wird es auch in 500 Jahren ganz sicher noch geben, nur eben nicht mehr als die schönste Nebensache der Welt, denn der Fußball ist dann nur noch die schönste Nebensache des Fußballs. Weil die Politik der Wirtschaft diesen Spielraum noch lässt.