Auf dem Rückweg von der Wiener Cultiva nach Berlin führt der kürzeste Weg durch die Tschechische Republik und ich möchte die Gunst der Stunde nutzen, um ein paar alte Bekannte in der Gegend von Budweis zu besuchen. Am Dreiländereck, nur ein paar Steinwürfe von der bayerischen Grenze entfernt, wohnen Lukas und Jana in einem alten Bauernhaus am Rande eines kleinen, verschlafenen Ortes. Nach dem Abendessen und zwei kräftigen White Skunk-Tüten möchten mir die beiden Mittdreißiger ihre Kellerräume zeigen, die ich vor ungefähr drei Jahren schon einmal besucht hatte.
Damals stand dort eine selbst gebaute kleine Box mit neun Jack Herer aus feminisierten Samen. Als wir dieses Mal in den ungefähr 40 m² großen Raum kommen, sehe ich sofort, dass der einstige Plan, das Hobby ein wenig zu intensivieren, seit meinem letzten Besuch in die Tat umgesetzt wurde. In dem für einen Keller extrem hohen Raum hängen vier 600-Watt-Lampen, unter denen ungefähr 100 fast blühbereite Stecklinge in kleinen Töpfen auf Kokosmatten stehen.
Nachdem ich die Installation mit Abluft- und Bewässerungsanlage inspiziert habe, führen mich meine Gastgeber in den kleinen Nachbarraum. Dort stehen die alte, selbst gezimmerte Box sowie ein 60 x 60 cm großes Zelt, in denen, wie Lukas mir kurz erklärt, zurzeit neun White Skunk und sechs Northern Lights stehen. Die Northern Lights haben bereits fette Buds entwickelt, während sich die White Skunk meiner Einschätzung zufolge in der vierten Blühwoche befinden. Ich zücke entzückt meine Kamera und schieße Fotos von allen drei Grows, bevor wir uns wieder in die einen Stock höher gelegenen Wohnräume begeben, damit mir die beiden endlich auch mal in Ruhe erzählen können, was es mit dem Indoor-Garten im Untergeschoss genau auf sich hat.
Hallo Jana, hallo Lukas! Schöne Pflanzen habt Ihr mir da eben gezeigt. Das sind ja ein paar mehr geworden, seit wir uns das letzte Mal getroffen haben.
Lukas: Ja, wir haben uns entschlossen, ein wenig mehr Gras anzubauen, als wir für uns selber brauchen. Bei Deinem letzten Besuch hatten wir ja nur die kleine Box für unseren Eigenbedarf. Das Problem dabei war unser großer Freundeskreis, der total auf indoor steht. Outdoor bekommt man hier fast umsonst, aber nachdem wir regelmäßig unsere Box geerntet hatten, haben uns unsere Freunde und Bekannte angebettelt, ihnen was von dem guten Gras abzutreten. Das Ergebnis war, dass unsere Ernte ständig nach ein paar Wochen alle war. „Nein“ zu sagen fällt eben schwer bei Freunden. Also habe ich mich in den nächsten Growshop begeben und mir ein günstiges gebrauchtes Set-up für den leer stehenden Kellerraum besorgt. Eigentlich sollten es nur zwei Lampen werden, aber ich habe mich im Laden überreden lassen, gleich die gesamte Anlage mit einem neuen Filter und 25 Kokosmatten zum Komplettpreis von 50.000 Kronen (circa 2.000 Euro) zu erwerben. Einmal gekauft, habe ich sie dann auch aufgebaut, schließlich hat sie auch bestens in den Raum gepasst. Natürlich haben wir auch noch eine kleine Mutterkammer, denn die ganze Sache mit Samen zu bestücken, wäre uns auf Dauer einfach zu teuer. Aber die Stecklinge haben wir kürzlich aus Sicherheitsgründen zu einem Freund ausgelagert, denn die Polizei hat auch hier in Tschechien auf einmal die Indoorgrower im Visier. Falls also bei uns mal etwas schiefgehen sollte, ist wenigstens die lange und sorgfältig selektierte Genetik noch da. Zurzeit haben wir eine White Skunk- und eine Northern Light-Mutter da stehen. Meistens kümmert sich Jana um den Nachwuchs und ich mich um die blühenden Pflanzen. Meine Freundin ist ein wenig sorgfältiger, als ich es bin, das ist beim Schneiden von Stecklingen und der Pflege einer Mutterkammer noch wichtiger als im Blühbereich.
Jana: Zudem machen zwei Mutterpflanzen und durchschnittlich knappe 100 Stecklinge im Monat viel mehr Arbeit, als man denkt. Ich dachte anfangs, es reicht, wenn ich alle drei Tage mal vorbeischaue, aber mittlerweile bin ich mindestens jeden zweiten Tag da und muss irgendwas machen: Die frisch geschnittenen Stecklinge brauchen jeden Tag frische Luft und ein wenig Wasser. Die Muttis müssen regelmäßig gepflegt, umgetopft und prophylaktisch gegen Schädlinge behandelt werden. Bevor wir die Mutterkammer ausgelagert hatten, hat Lukas auf einmal gemerkt, wie viel Mehrarbeit das ist, und mich viel öfter an die Pflanzen gelassen als am Anfang seines Grower-Daseins. Früher war er da eher so wie ein Typ mit seinem Sportwagen, mittlerweile darf ich auch mal fahren, wir arbeiten jetzt mehr als Team. Obwohl, in den beiden kleinen Kammern, in denen Lukas seine Experimente durchzieht, macht er immer noch am liebsten alles selber.
Lukas: In den beiden kleinen Kammern probiere ich neue Sorten oder auch Beschneidungs- oder Sea of Green-Techniken aus, so wie gerade die Northern Lights im kleinen Zelt. Jana hatte uns vor einem halben Jahr 20 Original Sensi Seeds angesetzt und nach dem Bewurzeln von den 17 gekeimten Babys eine Kopie gemacht bzw. einen Steckling geschnitten. Von den 17 Stecklingen habe ich dann die schönsten zwölf zur Blüte gebracht, von denen sich nach zwei Wochen sieben als Weibchen entpuppt haben. Die allerschönste, unsere NL #14, haben wir dann zu unserer neuen Mutterpflanze auserkoren. Im Moment stehen gerade die ersten acht Kinder der neuen Mutti in voller Blüte. Im kleinen Zelt nutze ich eine 250-Watt-Lampe mit Cooltube und unterschiedlichen Leuchtmitteln für Wachstum und Blüte, einen 180 m³/h-Lüfter mit Carbonactive-Filter, eine Omnirex-Zeitschaltuhr, 6,5-Liter-Airpots plus Untersetzer und einen kleinen Schalldämpfer. Als Medium nehme ich in den kleinen Boxen Kokos mit Perlite; der große Raum ist mit Kokosmatten ausgestattet. Gedüngt wird auf allen Feldern mit General Hydroponics und ein wenig Blüh- und Wurzelstimulator. Der pH-Wert liegt in den Boxen bei 5,8–6,0, auf den Matten regele ich ihn auf 5,6–5,7 runter.