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Qatargate (reloaded) – Wie korrupt ist das Europäische Parlament?

Man könnte das Europäische Parlament auch als die Herzkammer unserer europäischen Demokratie betrachten – kein Wunder, dass es daher auch für zahlreiche Interessengruppen aus aller Welt sehr interessant ist und versucht wird, auf die eine oder andere Weise Einfluss zu nehmen. Der Korruptionsskandal „Qatargate“, in dessen Zentrum der EU-Abgeordnete Pier Antonio Panzeri und Eva Kaili, die ehemalige Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments stehen, ist exemplarisch für das, was im Bürokratensumpf von Brüssel Tag für Tag vor sich geht – denn wie es scheint, können sich solvente ausländische Mächte die europäische Politik einfach so kaufen…

Das EU-Parlament ist die demokratisch gewählte Vertretung von 450 Millionen Menschen aus insgesamt 27 europäischen Staaten und beschäftigt derzeit ca. 8000 Mitarbeiter für gerade mal 705 Parlamentsabgeordnete, die zusammen wichtige Gesetze beschließen und hohe Fördergelder vergeben. Jährliche Kosten des Parlaments: ca. zwei Milliarden Euro. Damit haben die 705 EU-Parlamentsabgeordneten eine nicht unerhebliche Macht in ihren Fingern, die durchaus anfällig macht für unmoralische (aber unglaublich lukrative) Angebote. So begann auch Qatargate – der bislang größte Korruptionsskandal der EU-Geschichte, der eigentlich längst komplett aufgearbeitet sein sollte. Tatsächlich aber wurde er still und heimlich begraben, auch wenn einige Ermittler den Fall offiziell noch nicht ganz abgeschlossen haben.

Fangen wir an mit den Ergebnissen der angeblich so umfassenden Korruptionsermittlungen – wer wurde eigentlich der Korruption überführt? Wer sitzt dafür im Knast? Tatsächlich saß der vormalige italienische EU-Abgeordnete Pierre Antonio Panzeri als mutmaßlicher „Pate“ des Qatargate-Korruptionsrings für knapp ein Jahr im Gefängnis. Und der ebenfalls italienische EU-Abgeordnete Andrea Cozzolino wurde in seiner Heimatstadt Neapel festgenommen und vorübergehend unter Hausarrest gestellt. Der belgische EU-Abgeordnete Marc Tarabella saß in Brüssel in Untersuchungshaft, ebenso die Griechin Eva Kaili, immerhin die ehemalige Vizepräsidentin des EU-Parlaments. Aber wie alle vorübergehend Inhaftierten im Fall Qatargate ist auch Eva Kaili längst wieder frei. Andere zentrale Figuren des Skandals, wie die belgische EU-Abgeordnete Maria Arena, wurden weder verhaftet noch beschuldigt, sondern lediglich als Verdächtige verhört. Sie alle beteuern händeringend ihre Unschuld – denn natürlich will’s mal wieder keiner gewesen sein.