Die Cannabis-Branche in Deutschland steht nun gezwungenermaßen an einem Scheideweg. Sollten die von Friedrich Merz angeführten konservativen Parteien die Bundestagswahl nach dem Redaktionsschluss dieser Ausgabe gewinnen, könnte mit der so lange erwarteten Teillegalisierung schon bald wieder Schluss sein. Und gerade erst in der Legalität angekommene Homegrower könnten bald wieder zu kriminalisierten Heim(lich)gärtnern werden.
Doch wie schlimm wäre dieses „Worst-Case-Szenario“ für die Hanfszene? Trotz einiger gesellschaftlicher und politischer Fortschritte in den letzten Jahren war die Cannabis-Kultur schon immer eher Teil der Gegenkultur als des gesellschaftlichen Mainstreams. Vielleicht müssen wir uns bei einem erneuten Verbot einfach auf unsere gegenkulturellen Wurzeln besinnen und zu diesen zurückkehren – diese Rückbesinnung könnte sogar eine Chance sein, die Cannabis-Szene neu zu definieren und damit langfristig zu stärken.
Anstatt zu versuchen, sich einem dysfunktionalen System anzupassen, sollten wir ein zukunftssicheres anstreben und neue Wege beschreiten, indem wir Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und Innovation priorisieren. Vielleicht sollte sich die Cannabis-Szene auch wieder darauf besinnen, gesellschaftlich etablierte Normen zu hinterfragen, soziale Gemeinschaften zu fördern und lebenswerte alternative Zukunftsvisionen zu entwickeln.
Gesellschaftliche Akzeptanz und Entkriminalisierung sind sicher erstrebenswert und sollten aufgrund der sozialen Realität, wissenschaftlicher Erkenntnisse und der zahlreichen Vorteile von Cannabis eigentlich selbstverständlich sein – aber eben nicht um jeden Preis. Auch wenn staatliche Regulierungen mehr Sicherheit und einen legalen Zugang gewährleisten können, droht eine überreglementierte Legalisierung große Teile der Cannabis-Szene zu beeinträchtigen. Die Authentizität und der ursprüngliche Geist der hanfgrünen Grass-Roots-Bewegung sollten dabei nicht verloren gehen.
Wir sind der Meinung, dass Cannabis unsere Gesellschaft zum Positiven verändern kann – dieser Wandel muss aber von unten nach oben erfolgen und von den Grundwerten der Cannabis-Community getragen werden. Ob die letzte Bundestagswahl das auch abbildet, bleibt derzeit noch abzuwarten – und bis dahin hoffen wir einfach auf das Beste!
(Anmerk. der Redaktion: Das Editorial wurde vor der Bundestagswahl geschrieben.)