Babette ist neunundzwanzig Jahre alt und arbeitet als Sonderpädagogin mit Kindern und Jugendlichen, die eine Lernbehinderung aufweisen. An einer Schule in Berlin-Wedding vermittelt sie Tag für Tag zwischen Lehrern und sogenannten „Problemschülern“, die sie stets ganz individuell unterstützt. Da könnte man sich ja auch mal fragen: Muss eine studierte Pädagogin nicht ein Vorbild für Jugendliche sein? Und kann sie überhaupt ein Vorbild sein, wenn sie tagtäglich Cannabis konsumiert? Wir glauben schon und auch Babette sieht das so. Schließlich ist Cannabis mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
War deine erste Begegnung mit Cannabis die erste Tüte oder hattest du auch schon vorher etwas von der Pflanze Hanf gehört?
Natürlich habe ich auch schon vorher etwas von Cannabis mitgekriegt – es war ja schwer in Mode, das Hanfblatt in allen möglichen Varianten am Körper zu tragen: auf Baseballmützen, als Gürtelschnallen, auf T-Shirts und manchmal erkannte ich dieses Blatt auch auf irgendwelchen Plakaten oder Aufklebern. Ich bin mir heute allerdings ziemlich sicher, dass ein Teil meiner Freunde da mitmachten, obwohl sie selber auch noch gar keine Erfahrungen mit Cannabis gesammelt hatten. Aber dieses grüne Blatt war halt in und galt als cool – häufig wurde es auch in Kombination mit den Reggae-Farben getragen und natürlich wurde diese Musik auch ganz gern gehört. Fast so gerne wie Ska. Ich erfuhr jedenfalls erst nachdem ich etwas gekifft hatte, dass die Pflanze Hanf auch noch eine ganze Menge anderes zu bieten hat.
Wann und wie kam es zu deiner ersten eigenen Rauscherfahrung mit Cannabis?
Als ich vierzehn war, gab es da so eine Jugendclub-Party an einem See und wir sind natürlich auch hin. Ich hatte zu der Zeit gerade ein wenig Stress mit meinem damaligen Freund und wollte ihm irgendwie eins auswischen – und als dann der 18jährige Türsteher des Clubs anfing mit mir rumzuflirten, ging ich zum Schein darauf ein und ließ mich schließlich auch zu einem Spaziergang am See überreden. Irgendwann haben wir uns dann auf eine Parkbank gesetzt und auf einmal fing er an, einen zu drehen. Er fragte mich, ob ich überhaupt schon mal gekifft hätte und ich gab zu, mich das noch nicht getraut zu haben. Aber irgendwie war ich schon neugierig, also meinte ich: „Okay, ich kann ja mal ziehen.“ Angeblich war das eine Tüte mit Zero-Zero-Hasch, aber rückblickend würde ich meine Hände dafür nicht ins Feuer legen. Nichtsdestotrotz hat das Zeug dann ganz schön gekickt – du meine Güte. Ich muss dazu sagen, dass ich zuvor auch schon ein wenig alkoholisiert war und trotzdem noch ganz deutlich merkte, dass da plötzlich noch was ganz anderes abging. Ich hatte schließlich gerade meinen ersten THC-Kick gespürt und war auch so richtig gut drauf. In meinen Füßen spürte ich ein Kribbeln – das ist übrigens auch heute noch so – und ich musste mich einfach bewegen, irgendetwas machen. Auch das ist immer noch so. Irgendwann sind wir dann wieder zurück in den Jugendclub und ich habe einfach nur getanzt und getanzt. Das war schon Klasse …
Deshalb hat man dich bei der nächsten Gelegenheit nicht mehr lange überreden müssen, auch mal zu ziehen – oder?
Ja, allerdings musste ich auf die nächste Gelegenheit dann auch etwa zwei Jahre warten – ich war ja nach meinem ersten Mal nicht gleich so begeistert gewesen, dass ich gleich losgelaufen wäre, um mir sofort irgendwo irgendwas Rauchbares zu besorgen. Allerdings hätte ich auch gar nicht gewusst, wo ich mit meiner Suche nach einer Quelle hätte beginnen sollen – zudem war es für mich auch ein großer Unterschied, mal etwas mitzurauchen oder es selbst zu kaufen und mitzuführen. Das erschien mir damals doch als zu gefährlich. Schließlich hatte ich es hier mit einer höchst illegalen Droge zu tun. Als schon in jungen Jahren verantwortungsbewusste große Schwester, die oft auf ihren kleinen Bruder aufpasste, wollte ich so etwas nicht mit nach Hause bringen. Als ich dann sechszehn war, hatte ich einen neuen Freund und ging mit ihm immer gerne auf verschiedene Live-Konzerte und auch sonst hatte sich eine Menge geändert. Inzwischen besaß ich eine ganz eigene Vorstellung davon, wie ich mich anziehen wollte und ging folglich nicht mehr mit Mutti shoppen. Ich war halt mitten in der Pubertät und meine Welt veränderte sich wahnsinnig schnell. Ich hatte auch viele neue Freunde gefunden und traf auf den Ska-Konzerten auch immer mal wieder Leute, die etwas zu rauchen dabei hatten. Und da ich das Kraut ja mittlerweile kannte, hatte ich auch keine Hemmungen mehr, die angebotenen Tüten dann auch mitzunehmen. Wir waren wie eine große Ska-Familie, die meisten Leute kannten wir zwar nur von den Konzerten und trafen sie auch immer nur dort – doch wir feierten zusammen, als ob wir schon immer die besten Freunde gewesen wären. Und dazu gehörte ganz definitiv auch Cannabis.
Unterschied sich dein Rauschempfinden auf den Konzerten von deiner Einstiegserfahrung am See oder war das immer ein ganz ähnliches Gefühl?
Wie zuvor kribbelten meine Füße und ich musste einfach tanzen. Außerdem verstand es die Musik manchmal sogar, mich zum Weinen zu bringen. Aber nur, weil das alles gerade so schön und irgendwie perfekt war – mir ging es dabei ja nicht schlecht. Ganz im Gegenteil, das waren echte Freudentränen, die mir unbekifft sicherlich nicht so leicht gekommen wären. Ich habe meine Tränen damals wirklich sehr genossen.
Konntest du zu dieser Zeit auch schon mit deinen Eltern über das Kiffen sprechen?
Nein, das habe ich damals lieber verheimlicht – aber das erinnert mich an folgendes Erlebnis: Ich galt ja zuhause als sehr zuverlässig und pünktlich, da ich mich immer an die aufgestellten Regeln hielt und so meist schon vor der vereinbarten Zeit wieder daheim war. An einem Abend lauerte mir meine Mutter dann auf: Als ich nach Hause kam, war ich ein klein wenig betrunken und hatte auf dem Konzert auch wieder ein paar Joints mitgeraucht. Als ich die Wohnung betrat, kam meine Mutter aus dem Wohnzimmer auf mich zu gestürzt und leuchtete mit einer Taschenlampe in meine Augen. Irgendeinen Verdacht musste sie ganz offensichtlich haben – vielleicht lag das ja an den Cannabis-Postern in meinem Zimmer – denn sie musterte mich konzentriert, während ich erschrocken und nach Alkohol und Rauch stinkend vor ihr stand und versuchte, möglichst unschuldig auszusehen. „Du hast doch gekokst“ stieß sie schließlich hervor und ich versuchte sogleich, ihr das auszureden. Allerdings fiel mir das Reden in diesem Augenblick recht schwer, was ihre Sorgen nur noch vergrößerte. Danach war sie eine zeitlang eingeschnappt und richtig sauer auf mich – doch eine richtige Aussprache gab es eigentlich nicht.
Bis heute nicht?
Doch, inzwischen hat sie kein Problem mehr mit Cannabis und das kam so: Ich hatte im Alter von siebzehn Jahren eine nicht unerhebliche Essstörung und war ganz schön untergewichtig. Ich war damals echt am Limit und dementsprechend körperlich sehr schwach – ich hatte sogar das Gymnasium abgebrochen, da wirklich gar nichts mehr ging. Eine zeitlang war ich deswegen sogar in einer Therapie. Aber wer mir dann wirklich half, war mein Freund, denn er kannte jemanden, der jemanden kannte und so konnte auch er irgendwie Gras besorgen. Ich merkte schnell, wie sehr der Cannabiskonsum meinen Appetit anzuregen verstand und das hat schließlich auch meiner Mutter sehr gefallen, da ich nun wieder zunahm. Sie war plötzlich voll und ganz für dieses illegale Kraut, welches es ja ganz offensichtlich vermochte, bei mir Fress-Flashs auszulösen – irgendwann sagte sie dann mal ganz nebenbei zu mir: „Wenn es dir hilft, dann ist es okay.“ Das war nun nicht mehr die Mutter mit der Taschenlampe – mit der Zeit hatte sie wohl erkannt, dass Cannabis nicht die böse Einstiegsdroge ist, die dann ganz zwangsläufig zu Koks- oder Heroinkonsum und einem Leben in der Gosse führt. Schließlich kriegte ich trotz Kifferei mein Leben in den Griff: Ich machte mein Abi mit einem Durchschnitt von 1,7 und kriegte mein Studium hin – mittlerweile habe ich auch einen festen Job, der mich richtig erfüllt. Und inzwischen kiffe ich auch schon mal mit meiner Mutter.
Wie kam das denn? Toleranz ist ja nicht gleichzusetzen mit dem Wunsch, es selbst einmal ausprobieren zu wollen…
Vor ein paar Jahren waren wir mal bei meinen Eltern zu Besuch und nach ein paar Stunden gingen mein Freund und ich nach draußen, um unauffällig eine Tüte zu rauchen. Wir waren gerade damit fertig, als plötzlich meine Mutter angeflitzt kam und ganz enttäuscht bemerkte: „Was, das habt ihr ohne mich gemacht?“ Da war es dann natürlich klar, dass wir den nächsten Joint zusammen rauchen würden. Sie meinte dann zwar, dass sie davon überhaupt nichts gespürt hätte, aber ich konnte an ihrem Verhalten durchaus erkennen, dass da irgendetwas angekommen sein musste: Sie wurde auch ganz wuselig und kriegte plötzlich unheimlichen Appetit auf Schokoladenkuchen. Rückblickend glaube ich, dass sie damit einfach mal ein Stück weit in meine Welt eintauchen und wissen wollte, was ihre Tochter da eigentlich konsumiert und wie das genau wirkt. Wenn ich heute mal wieder bei meinen Eltern vorbeischaue, kifft meine Mutter eigentlich immer ganz gerne mit – obwohl sie ja angeblich gar nichts davon merkt.
Zurück in die letzten Jahre deiner Schulzeit – hast du eigentlich immer nur auf den Ska-Konzerten gekifft oder auch schon mal in der Schulzeit oder beim Lernen?
Mit siebzehn kam ich auf eine neue Schule, um hier das Abitur zu machen – zuvor hatte ich eigentlich immer nur auf Konzerten oder Partys gekifft. Aber nun kiffte ich auch schon mal in der Schulzeit und ich muss sagen, dass mir Cannabis insbesondere im Fach Mathe ganz schön die Türen geöffnet hat.
Wie bitte? Cannabis hilft beim Verständnis der Mathematik?
Ohne Scheiß –bei mir war das wirklich so. Ich hatte krasse Aha-Momente, als ich in der Küche bekifft Mathe büffelte: Plötzlich war alles ganz klar und ich hatte verstanden, wie beispielsweise eine Kurvendiskussion funktioniert. Tatsächlich habe ich dann ja auch ein gutes Abitur gemacht – trotz oder vielleicht auch dank der Kifferei. Ich fand es jedenfalls gar nicht so verkehrt, auch mal bekifft zu lernen oder irgendwelche Vorträge oder Präsentationen vorzubereiten – auch wenn ich die Vorträge dann natürlich immer unbekifft gehalten habe.
Wann hast du angefangen, dir auch mal selbst etwas Gras zu besorgen?
Das musste ich ja nie, da mein Freund immer noch seine Connection hat und mir von Zeit zu Zeit etwas mitbringt.
Wie hat sich dein Cannabiskonsummuster dann ab deinem achtzehnten Lebensjahr weiterentwickelt?
In dem Alter habe ich ja schon fast jeden Tag mehr oder weniger gekifft – das lag sicher auch an meinem Freund, der eigentlich immer etwas da hat und mit dem ich nun mal die meiste Zeit verbringe. Wenn wir dann doch mal auf verschiedene Partys gegangen sind, rauchte ich meist ein paar kleine Purpfeifchen, da ich selbst einfach keine Joints zusammendrehen kann. Die Purpfeifchen wirkten bei mir auch immer etwas schneller und spürbar intensiver.
Und wie ist das heute?
Heute kann ich immer noch keine Tüten bauen und kiffe trotzdem täglich. Allerdings kaum noch pur – es sei denn, uns sind gerade mal die Blättchen ausgegangen oder es dürstet mich nach einem schnellen und unabhängigen Kick. In der Praxis ist es mittlerweile zu einem täglichen Ritual geworden, am Feierabend mit meinem Freund zunächst einmal einen Joint zu rauchen. Danach wird gemeinsam gekocht und gegessen und vielleicht auch noch ein zweiter Joint geraucht. Der ist aber eher die Ausnahme als die Regel, denn meistens reicht uns die Wirkung der ersten Tüte den ganzen Abend lang. Und die erste Tüte am Tag ist eh immer die Beste …
Gab es auch schon mal Zeiten, in denen du deutlich mehr als eine Tüte am Tag geraucht hast?
Ja, wie das halt so ist, wenn man auf einer tropischen Insel herumhängt und den ganzen Tag Urlaub hat. Da haben wir dann gute sechs Wochen lang wirklich jeden Tag vier bis fünf Joints geraucht – denn hier stimmte einfach alles. Es herrschte eine extrem relaxte Atmosphäre am palmengesäumten, thailändischen Meeresstrand und das Angebot an einheimischen Cannabisblüten war groß und gleichzeitig überaus preiswert. Da gab es eigentlich nicht viel zu überlegen und praktisch ja auch gar nichts zu tun – aber viel zu rauchen. Und obwohl ich eigentlich im Urlaub war, fand ich dann bekifft immer irgendeine Beschäftigung – und wenn ich auch nur zum wiederholten Male unsere kleine Hütte am Strand ausfegte.
Hast du bisher auch schon mal andere Cannabiskonsumformen ausprobiert?
Ja, wir haben uns auch schon mal einen Cannabis-Pudding gekocht oder einen psychoaktiven Kuchen gebacken – die Rauschwirkung ging dabei deutlich langsamer los, hielt dann aber auch viel länger an. Und sie war deutlich intensiver, aber trotzdem sehr angenehm. Das bei mir fürs Kiffen typische Kribbeln in den Füßen war verschwunden, dafür fühlte ich mich unglaublich leicht und irgendwie frei. Auch mein Bewegungsdrang war nicht so intensiv wie beim Kiffen – dafür war ich viel schneller zu erheitern. Dabei fällt mir ein, wie wir uns mal in Laos einen harmlosen „Apple-Shake“ bestellten und einen THC-reichen „Happy-Shake“ bekamen – einfach nur, weil die laotische Bedienung nicht so gut englisch konnte. Ich hatte mir mit meinem Freund einen Shake geteilt und nur drei oder vier Schlucke genommen und wie sich bald darauf herausstellte, war zumindest meine unfreiwillige Dosierung perfekt. Noch bevor die Wirkung einsetzte, war einem mit uns reisenden Schweizer Pärchen aufgefallen, dass in dem Shake ganz viele kleine braune Stückchen herumschwammen – und dass die überhaupt nicht wie kleine Apfelstückchen aussahen oder schmeckten. Wie wir dann ziemlich schnell feststellten, waren das alles kleine Hasch-Stückchen, doch für den Schweizer kam diese Info zu spät: Er hatte seinen Shake bereits ausgetrunken und musste danach mit der für ihn völlig unbekannten starken Wirkung kämpfen. Auch mein Freund hatte etwas zuviel erwischt und kriegte daraufhin immer mal wieder etwas Atemnot. Außerdem konnte er in der folgenden Nacht nicht in der Waagerechten liegen, weil ihm dann sofort übel wurde. Im nachhinein bedaure ich es sehr, dass ich ihm zu diesem Zeitpunkt gar nicht so richtig helfen konnte, da ich ja selber ziemlich drauf war und das alles einfach nur wahnsinnig witzig fand. Ich lachte über alles und jeden und feierte richtig ab, da ich annahm, dass mich mein Freund mit seiner Atemnot und diesen seltsamen Schlafbeschwerden nur veralbern wollte. Am nächsten Tag tat mir das dann umso mehr leid – vor allem, da es mir schon wieder prima ging, während mein Freund und unser Schweizer Reisegefährte noch ganz schön mit den Nachwirkungen zu kämpfen hatten.
Hast du auch selbst mal negative Erfahrungen mit Cannabis gemacht?
Nein, glücklicherweise nicht. Ich konsumiere ja auch immer ganz bewusst – vielleicht habe ich aber auch einfach nur Glück gehabt.
Bei welchen Gelegenheiten bist du lieber nüchtern?
Es gibt eine ganze Reihe von Situationen, in denen ich stets nüchtern bin – ich würde beispielsweise nie etwas kiffen, wenn ich danach noch mit Kindern oder Jugendlichen zusammen bin. Da hätte ich dann viel zu viel Angst, übertrieben abzugehen, da ich bekifft ja immer einen starken Bewegungsdrang verspüre und auch deutlich tollpatschiger bin. Was da so alles passieren könnte – das will ich mir gar nicht ausmalen.
Welche illegalen Drogen hast du neben Cannabis schon mal ausprobiert?
Ich habe mit einer experimentierfreudigen Freundin auch schon mal Ecstasy genommen – da wir ganz vorsichtig sein und uns langsam an die richtige Dosierung herantasten wollten, haben wir uns eine Tablette geteilt und sind dann tanzen gegangen. Das war dann auch richtig super – wir haben getanzt und getanzt und waren richtig gut drauf. An dem Abend haben wir auch nicht gekifft oder Alkohohl getrunken – warum auch, uns ging’s ja schon super. Allerdings erinnere ich mich auch noch, dass ich am nächsten Tag einen starken Unterkiefermuskelkater hatte. Da hat mich dann natürlich interessiert, woher das kommt und ich habe ein wenig im Internet recherchiert und festgestellt, dass das gar keine so ungewöhnliche Nebenwirkung ist, da man auf Ecstasy immer wieder ganz unbewusst die Zähne zusammenbeißt. Das war dann aber auch schon die einzige Nebenwirkung bzw. Nachwirkung, die ich bei mir festgestellt habe.
Gab es sonst noch irgendeine außergewöhnliche Drogenerfahrung?
Ja, ein Mal habe ich auch LSD genommen – das war wieder mit derselben experimentierfreudigen Freundin, mit der ich auch die halbe E eingeschmissen hatte. Wir waren in irgendeiner Wohnung auf einer Party und wollten es einfach mal probieren. Nach einer Weile wurden die Lichter intensiver und fingen an, zu pulsieren – ich erinnere mich noch an so eine hypnotische Lichterkette, die den Flur mit der Zeit viel heller erscheinen ließ, als er tatsächlich war. Ich versank in der Betrachtung von lebendigem Licht und umherwabernden Schatten. Und plötzlich stand in diesem Flur ein herrliches weißes Pferd – zumindest sah ich eins. Ganz deutlich. So deutlich, dass ich seine Existenz nicht im geringsten anzweifelte, sondern viel mehr darüber nachdachte, ob ich es denn streicheln dürfe. Ich habe dann auch alle möglichen Leute danach gefragt – doch wie ich später erfuhr, passierte das alles nur in meinem Kopf. Ich selbst hatte überhaupt nichts gesagt. Irgendwann suchte und fand ich meine Freundin, die schon ewig lange auf dem Klo verschwunden war, wo sie – wie sie mir dann erzählte – in der Badewanne ein paar Frösche entdeckt hatte. Eigentlich waren dass nur ein paar grüne Duschmatten-Segmente, die in der Badewanne ein Ausrutschen verhindert sollten, aber meine Freundin hatte darin nicht nur Frösche gesehen, sie konnte sich auch mit diesen Fröschen unterhalten. Das erschien uns in dem Augenblick als genauso selbstverständlich, wie das herrlich weiß leuchtende Pferd im Flur.
Habt ihr von der eigentlichen Party überhaupt noch irgendetwas mitgekriegt?
Kaum, irgendwie kann ich mich nur noch an die Lichterkette, den Schimmel und das Gesicht meiner Freundin erinnern. Alles andere war ganz weit weg – ich weiß zwar noch, dass es sehr voll war und die Party auch richtig lange ging. Als wir langsam runterkamen, waren immer noch ein paar Leute da, auch wenn nicht mehr viel los war. Also sind wir dann auch nach Hause gegangen und haben erst mal ordentlich ausgeschlafen – am nächsten Tag war dann alles wieder wie immer. Keine Kieferschmerzen, kein Schädel – alles prima.
Gab es auch schon mal Probleme mit der Polizei?
Nein, zum Glück noch keine ernsthaften – ich erinnere mich aber noch an ein Erlebnis auf dem Weg zu einem Konzert in Potsdam. Mein Freund fuhr das Auto und konnte daher nicht selbst einen drehen – also forderte er mich auf, schon mal ein kleines Pfeifchen zu stopfen. Wir hatten auch vorher schon einen geraucht und so stellte ich mich etwas umständlich dabei an und kriegte es zunächst gar nicht mit, dass wir von der Polizei angehalten wurden. Als ich es schließlich merkte, weil mein Freund „Polizei!“ zischte, war ich einer Panik so nah wie noch nie. Ich schmiss alles schnell in das Handschuhfach und versuchte mal wieder, möglichst unschuldig auszusehen. Irgendwie klappte das dann auch, denn wir konnten nach einer kurzen Überprüfung unserer Fahrzeugpapiere weiterfahren. Das ist aber inzwischen auch schon zehn Jahre her und mittlerweile mache ich mir echt keine Sorgen mehr, dass mich die Polizei vielleicht mal mit ein-zwei Gramm Cannabis in der Tasche erwischt. Denn viel mehr habe ich nie dabei – was soll mir da schon passieren?
Was würdest du an der aktuellen Drogenpolitik ändern, wenn du die Macht dazu hättest?
Ich würde zunächst einmal Cannabis in seiner natürlichen Form unbeschränkt als Arzneimittel zulassen – wenn ich zum Beispiel mal Kopfschmerzen habe, dann hilft mir Cannabis ganz prima dabei, diese zu verscheuchen. Als Genussmittel sollte Cannabis zumindest entkriminalisiert werden, solange die Bindung an internationale Verträge eine echte Legalisierung verhindert. Das gilt meiner Meinung nach übrigens auch für alle anderen illegalen Drogen – wenn man sich nur mal überlegt, wie viel Geld da jährlich für die Strafverfolgung und Verurteilung von Konsumenten ausgegeben wird, scheint mir das der einzig vernünftige Weg zu sein. Dieses Geld wäre in der Aufklärung und Drogenprävention deutlich besser eingesetzt – man sollte endlich damit anfangen, Drogensucht nicht pauschal zu verfolgen und zu bestrafen, sondern als gesundheitspolitisches Problem zu betrachten.
Letzte Frage: Kannst du dir vorstellen, eines Tages mit dem Kiffen aufzuhören?
Im Moment sehe ich jedenfalls noch keinen Grund aufzuhören – schließlich geht es mir gut damit. Wenn ich allerdings schwanger wäre, würde ich sofort aufhören – zumindest so lange, bis das Kind komplett abgestillt ist. Das wäre für mich ein mehr als guter Grund, erst mal von allen Drogen die Finger zu lassen. Ob ich danach dann wieder mit dem Kiffen anfangen würde, kann ich heute natürlich noch nicht sagen. Darüber mache ich mir jetzt auch noch keine Gedanken – schließlich bin ich ja noch nicht einmal schwanger.