Es gibt Kerle, die es lieben, in der Autowerkstatt zu stehen und den intensiven Geruch von Schmieröl, Benzin & Co. zu inhalieren, während sie darauf warten, dass ihr Auto nach dem TÜV wieder von der Hebebühne runterkommt. Und auch der Automechaniker selbst dürfte in der Regel die Gerüche gern haben, die ihn bei seiner Arbeit umgeben. Aber man muss nicht unbedingt ein Auto-affiner Typ sein, um eine Vorliebe für den Geruch von Benzin zu haben, es gibt ganz normale menschliche Nasen beiderlei Geschlechts, die darauf genauso stehen wie etwa auf den Geruch von frisch gemahlenem Kaffee. Unter den Cannabis-Konsumenten gibt es indessen noch sehr viel mehr Menschen, die auf ein penetrantes Benzinaroma abfahren, zumindest wenn es um den Duft ihres Lieblingskrauts geht.
Ja, Cannabis kann tatsächlich wie Benzin riechen, bzw. wie Öl, Petroleum oder auch wie Lack. Es riecht natürlich nicht hundertprozentig wie diese Substanzen, aber doch so prägnant, dass beim Riechen an der jeweiligen Grasprobe unweigerlich entsprechende Assoziationen hervorgerufen werden. Möglich machen das die geruchsgebenden Terpene. Dabei handelt es sich um eine große Gruppe von speziellen Kohlenwasserstoffverbindungen, die vorwiegend bei Pflanzen vorkommen und hier die wesentlichen Bestandteile von ätherischen Ölen und Harzen bilden. Insgesamt gibt es über 8.000 Terpene. Bei Cannabis hat man über 120 von ihnen festgestellt, wobei es eine Reihe von typischen Terpenen gibt, die bei allen Sorten in mehr oder minder hohen Konzentrationen vorkommen, andere dagegen nur in Spuren. Die Kombination macht’s: Das spezifische Terpenprofil einer Sorte begründet ihren spezifischen Geruch. Das Terpenspektrum von Cannabis ist so komplex, dass es quasi endlose Kombinationsmöglichkeiten dieser Geruchsstoffe gibt und deshalb gibt es auch diese unglaubliche Vielfalt von Aromen in der Cannabis-Sortenwelt – von verschiedensten Fruchtnoten über waldig, schokoladig, honigsüß, minzig, parfümartig und viele weitere Flavours – bis hin zu benzinartig.
Welche Terpene sind es, die für ein Benzin-Aroma bei Cannabis verantwortlich sind? Diese Frage ist wohl noch nicht gezielt untersucht worden, aber Anhaltspunkte zu ihrer Beantwortung können die Terpenprofile der Green House Seed Company liefern. Diese Samenbank hat für eine Reihe ihrer Sorten eine Terpen-Analyse veröffentlicht, unter anderem auch für Kush-Strains. Etliche von diesen sind dafür bekannt, einen benzinartigen Geruch zu verströmen. Ein Blick auf die Terpenprofile der Greenhouse Kush-Sorten King’s Kush, Bubba Kush und Chemdog verrät, dass sie einen extrem hohen Gehalt an 2-Pinen (α-Pinen) aufweisen, drei- bis viermal soviel wie der zweithöchste Wert bei diesen Sorten, der für das Terpen α-Caryophyllen (Humulen) verzeichnet wird. Linanool ist bei den Dreien das am dritthöchsten konzentrierte Terpen. Es scheint also der Dreiklang von α-Pinen, α-Caryophyllen und Linanool zu sein, der einen benzinartigen Geruch ergibt. Schaut man sich diese Terpene im Einzelnen an, ist dies auch gut vorstellbar, denn α-Pinen ist der Hauptbestandteil der Terpentinöle. Diese sind nichts anderes als das ölige Harz bestimmter Nadelhölzer, hauptsächlich Kiefernöl. Wer schonmal an Terpentin geschnuppert hat, weiß, dass es auch eine benzinartige Note aufweist und bei vielen Cannabis-„Benzinsorten“ ist es so, dass es bei ihnen auch Phänotypen gibt, die nach Kiefer riechen – oder nach Benzin mit zusätzlicher Kiefernote. Klar ist also, dass ein Benzingeruch bei Cannabissorten im Wesentlichen durch α-Pinen bewirkt wird und der Rest durch die beiden Terpene α-Caryophyllen (Humulen) und Linanool beigesteuert wird. α-Caryophyllen kommt in Gewürznelken und vielen Basilikum-Arten vor und Linanool unter anderem in Koriander, Hopfen, Muskat, Basilikum, Majoran, Thymian und Oregano.
Wer also mal so richtig Gas geben will und sich „grünen Treibstoff“ einlegen möchte, kann aus einer breiten Palette von Benzinsorten verschiedener Samenbanken wählen. Fünf davon werden im Folgenden vorgestellt, eine Auswahl von Strains, deren ebenso prägnante wie penetrante Duftwolken die Nase des Autors in den letzten Jahren umweht haben.