In seiner gemütlichen Kneipe mitten in Berlin treffe ich den Inhaber Horst, der unglaublich lässig in seinem Sofa sitzt und mich aus einer recht dichten Nebelwolke heraus beobachtet. Er wird bald 58 Jahre alt und betitelt sich selber als relativen Cannabis-Späteinsteiger.
Horst, warum hast du angefangen, Cannabis zu konsumieren?
Ich war damals schon 42 Jahre alt und habe im Grunde genommen auf Anraten meines Hausarztes angefangen zu kiffen. Er war ein Professor aus einem bekannten Krankenhaus und auch schon relativ reif und erfahren. Ich weiß gar nicht, ob der damals dachte, ich würde sowieso schon kiffen, oder ob er das einfach so angenommen hat, weil ich vielleicht flippig auf ihn wirkte. Dabei bin ich da recht konservativ, habe seltenst getrunken und auch nie sonstige Drogen ausprobiert, außer mal so ein bisschen in der Jugend. Ich wollte mir also Schlaftabletten verschreiben lassen, weil ich nach einer Trennung ein bisschen down war und einfach nicht pennen konnte, und da sagte er: „Ach, Schlaftabletten! Drehen Sie sich mal ʼne Tüte abends und rauchen Sie sich einen!“ Und da kam dann meine Entscheidung: Das probier ich mal!
Wo hattest du vorher schon mal von Marihuana gehört?
Mein ganzer Freundes- und Bekanntenkreis kiffte damals. Sogar die Nachbarn. Ich verabscheute das, mochte das gar nicht! Ich hatte das einmal als Jugendlicher nach der Schule probiert zu rauchen, so ein dickes Dreiblatt mit Haschisch drin, musste davon aber unheimlich kotzen und hatte ab da einfach Schiss davor.
Und wie hat dann die angeratene Tüte bei dir gewirkt?
Ich habe mir nach diesem Arztbesuch etwas von einem Freund besorgt und mich sehr sorgfältig darauf vorbereitet. Mit vorsichtshalber vorgewählter Telefonnummer für den Notfall, dass ich Freunde anrufen muss, und mit einem Eimer neben meinem Bett. Ich habe mir dann alleine an meinem Schreibtisch einen gedreht und halb weggeraucht mit wenig Cannabis im Tabak. Nach einiger Zeit merkte ich eine sehr entspannende Wirkung und wollte rüber ins Bett gehen, und da konnte ich kaum noch richtig laufen. „Bleib mal sicher!“, dachte ich mir und musste mich auf allen Vieren bewegen, um unbeschadet ins Schlafzimmer zu gelangen, so hat das reingehauen! Dann war es aber auch sehr schön und ich habe versucht, ganz bewusst zu genießen und auch körperlich zu empfinden, wie ich persönlich darauf reagiere. Und nebenbei auch zu bemerken, wie das Denken anders wurde. Wie ich auch plötzlich ganz anders über Dinge weiter nachdenken konnte, über die ich mich vorher unterschiedlich ausgedrückt hatte. Die Wirkung ging über Stunden und ich war super gut drauf! Einen Fressanfall hatte ich auch, der mir die ganze Impulskontrolle meiner damaligen Diät nahm, und mich leidenschaftlich eine Tafel Schokolade nach der anderen einatmen ließ. Dann ging es weiter mit allen Joghurts, und schließlich habe ich alles gegessen, was ich in der Wohnung finden konnte. Und das nur von der halben Tüte! Ich war jedenfalls diese Traurigkeit los und konnte später superschön einschlafen. Morgens bin ich dann tierisch geil geworden, das war dann auch so ein gern bemerkter Nebeneffekt, von dem ich vorher schon einmal gehört hatte. Jedenfalls bin ich extrem gut ausgeschlafen mit klarem Kopf aufgewacht und fühlte mich nach einem sehr erleichternden Toilettengang so frei wie schon lange nicht mehr.