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Can-G: Der finale Gesetzestext

Am Freitag, dem 23. Februar 2024, stimmte der deutsche Bundestag dem sogenannten „Cannabis-Gesetz“ (CanG) und damit der Teillegalisierung von Cannabis endgültig zu, am 22. März bestätigte auch der Bundesrat das neue Gesetz, welches daraufhin am 1. April in Kraft trat. Wir haben uns für Euch die ewig lange finale Version des (trotz aller Entschärfungen) drogenpolitisch historischen Gesetzes angeschaut und aus unserer Perspektive die für Euch vermutlich interessantesten Passagen zusammengefasst und kommentiert.

Das Schlimmste gleich vorweg: Cannabis ist und bleibt verboten. Es gibt jetzt lediglich ein paar Ausnahmen von diesem Verbot. Eine „Legalisierung“ oder auch nur eine „Teillegalisierung“ sieht dagegen anders aus – eigentlich können wir daher nur von einer weitgehenden Entkriminalisierung von Cannabis-Usern sprechen. Aber eins nach dem anderen.


§ 1 des CanG regelt zunächst die „Begriffsbestimmungen“, unter Punkt 4 wird dann auch definiert, was als „Marihuana“ gilt: „die getrockneten Blüten und die blütennahen Blätter der Cannabispflanze“. Eigentlich schade, dass hier die alte US-amerikanische Prohibitionistensprache verankert wurde, die „Marihuana“ ja einst ganz bewusst (und aus rassistischen Motiven heraus) dem positiv besetzten Hanf (hemp) entgegensetzten und „Marihuana“ anschließend als lebensgefährliche Mörderdroge betrachteten.

Was im direkten Vergleich des Gesetzentwurfs mit der finalen (am 23. 2. durch den Bundestag verabschiedeten) Version deutlich auffällt, ist, dass hier ganz oft einfach nur Tippfehler verbessert wurden, die sich im Entwurf eingeschlichen hatten.

§ 2 legt dann erst mal ganz nüchtern fest: „Es ist verboten Cannabis zu besitzen, Cannabis anzubauen, Cannabis herzustellen, mit Cannabis Handel zu treiben, Cannabis einzuführen oder auszuführen, Cannabis durchzuführen, Cannabis abzugeben oder weiterzugeben, Cannabis zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen, Cannabis zu verabreichen, Cannabis sonst in den Verkehr bringen, sich Cannabis zu verschaffen oder Cannabis zu erwerben oder entgegenzunehmen.“
Auch „Die Extraktion von Cannabionoiden aus der Cannabispflanze ist verboten“ – Ausnahmen davon bestehen bei der „Extraktion von CBD“ und bei Extraktionen zu Analysezwecken.


Kurz darauf folgen dann die entscheidenden Ausnahmen, die ab 1. April von diesem grundsätzlichen Verbot gemacht werden: „Vom Verbot ausgenommen sind für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, der Umgang mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken nach Absatz 4, der Besitz von Cannabis nach § 3, der private Eigenanbau von Cannabis nach § 9 und der gemeinschaftliche Eigenanbau, die Weitergabe und Entgegennahme von Cannabis in Anbauvereinigungen nach den Paragraphen 11 bis 23, 25, 26 und 29.“

In § 3 wird es dann konkreter, wenn es um den erlaubten „Besitz von Cannabis“ geht: „Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ist der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, zum Eigenkonsum erlaubt.“ Im Entwurf war noch nicht von Trockengewicht die Rede, hier hätte man als Verfolgungsbeamter (wie früher) einfach die komplette frische (ggf. nicht mal THC enthaltene) Hanfpflanze wiegen und für eine Anklage nutzen können. Das wurde in der finalen Version vernünftigerweise entsprechend geändert.

Unterwegs darf man also bis zu 25 g getrocknete Blüten dabeihaben, daheim dann sogar 50 g: „Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ist … an ihrem Wohnsitz oder an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt der Besitz von Cannabis wie folgt erlaubt: 1. von bis zu 50 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial der Cannabispflanze bezogen auf das Gewicht nach dem Trocknen, und von bis zu drei lebenden Cannabispflanzen.“

Daheim darf man also der finalen Version zufolge bis zu drei Pflanzen anbauen und maximal 50 g pro Person besitzen. Ein zusammenlebendes Pärchen darf demzufolge bis zu 100 g in der gemeinsamen Wohnung lagern. Und auch wenn man nun drei Pflanzen gleichzeitig anbauen kann, sollte man sie nicht alle drei gleichzeitig blühen lassen, da die komplette Ernte dann sicherlich mehr als 50 oder auch 100 g betragen dürfte. Aber eine Mutterpflanze wäre zum Beispiel schon möglich, von der man sich alle zwei Monate einen neuen Steckling schneidet und einpflanzt.


§ 4 regelt den „Umgang mit Cannabissamen“, die nun auch ganz offiziell „zum Zweck des privaten Eigenanbaus von Cannabis“ besessen und im EU-Ausland bestellt werden dürfen – nicht nur alle spanischen und niederländischen Samenbanken wird das sehr freuen.


§ 5 definiert ein unnötig weit gehendes „Konsumverbot“, denn diesem Paragraphen zufolge gilt nicht nur, dass man vor unter 18jährigen nicht konsumieren sollte (was ja durchaus verständlich ist), auch „der öffentliche Konsum von Cannabis“ wird viel zu weitgehend verboten. Die folgenden Regeln müssen sich jetzt alle merken, die nicht immer nur in den eigenen vier Wänden legal konsumieren wollen – schließlich ist der „öffentliche Konsum von Cannabis“ verboten:

  • in Schulen und in deren Sichtweite
  • auf Kinderspielplätzen und in deren Sichtweite
  • in Kinder- und Jugendeinrichtungen und in deren Sichtweite
  • in öffentlich zugänglichen Sportstädten und in deren Sichtweite
  • in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr
  • innerhalb des befriedeten Besitztums von Anbauvereinigungen und in deren Sichtweite

So sehr man die ersten drei Orte noch nachvollziehen kann, fällt es bei den letzten drei schwer. In Sichtweite von Sportstädten (aller Art?) darf nicht konsumiert werden? Warum nicht? In Fußgängerzonen auch nicht vor 20:00 Uhr, obwohl da schon gut gebechert und Kippen inhaliert wurden – warum eigentlich? Was macht den öffentlichen Cannabiskonsum gegenüber dem öffentlich Alkohol- und Nikotinkonsum so versteckenswert? Und überhaupt: Nicht mal in den Privaträumen oder im Garten von Anbauvereinigungen darf konsumiert werden – das muss einem wirklich erstmal einer erklären. Wenn das denn überhaupt sachlich möglich ist. Immerhin wurden hier die ursprünglich geplanten 200 Meter Abstand halbiert, da die „Sichtweite“ im CanG nur noch bis zu „einem Abstand von 100 Metern“ definiert wird.
Interessant wird es wieder bei § 9, in dem es um die „Anforderungen an den privaten Eigenanbau“ geht. Hier steht, dass jedem Erwachsenen der „private Eigenanbau von insgesamt nicht mehr als drei Cannabispflanzen gleichzeitig erlaubt“ ist. Man darf das Cannabis aus privatem Anbau aber nicht an Dritte weitergeben. An zweite also schon? Also z. B. dem Lebenspartner? Und wie ist das in einer WG geregelt? Das CanG ist schon (besonders für Anbauvereine) ein fettes Bürokratie-Monster geworden – und wird durch solch schwammige Passagen auch noch missbrauchsfähig. Nachdem Söder in und für Bayern schon angekündigt hat, das CanG in der härtesten Weise auslegen zu wollen, kann man schon ahnen, wo man hier genau aufpassen muss.


Immerhin entfällt in der finalen CanG-Version der zuvor enthaltene Passus „Privater Eigenanbau darf keine unzumutbaren Belästigungen und Störungen für die Nachbarschaft verursachen“ ersatzlos. Die Nachbarn haben beim Growen also KEIN Wörtchen mitzureden.

Die detaillierten Auflagen für „Anbauvereinigungen“ im CanG ersparen wir Euch hier lieber, sie sind zu umfangreich und ausführlich – da reicht es auch , wenn sich einer pro CSC das antut – es also durcharbeitet und versucht, es dem Staat dann irgendwie recht zu machen. Einfach wird das nicht, unmöglich aber auch nicht.


§ 34 enthält zahlreiche „Strafvorschriften“ die greifen, wenn jemand mehr als die erlaubte Menge Cannabis auf Tasche oder daheim hat. Denn wie schon gesagt: Cannabis ist und bleibt dem CanG zufolge verboten. Das macht dieser Paragraph sehr deutlich, denn: „mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft“, wer mehr als 30 g Cannabis dabei oder mehr als 60 g zuhause hat oder „mehr als drei lebende Cannabispflanzen besitzt.“ Auch ein-, aus- oder durchführen von Cannabis steht unter Strafe, ebenso der Handel und die Weiter- bzw. Abgabe. Wenn zum Beispiel Teenager mal Cannabis ausprobieren wollen und es progressiven Eltern in so einem Fall lieber ist, dass sie selbst ihren Kids sauberes Cannabis besorgen, dieses passend dosieren und möglicherweise auch bei der ersten Cannabis-Rauscherfahrung ihrer Nachkommen dabei sind, dann machen sich diese Eltern nach dem CanG gehörig strafbar und können dafür in den Knast wandern, dass sie Cannabis an Kinder und Jugendliche weitergegeben haben. Hier würde sie die volle Härte dieses Gesetzes treffen – ob das im Sinne des vielbeschworenen „Paradigmenwechsels in der Drogenpolitik“ sinnvoll ist, muss allerdings bestritten werden.


Auch zu wissenschaftlichen Zwecken darf Cannabis NICHT ohne eine Erlaubnis angebaut werden, und das Extrahieren von Cannabinoiden ist auch unter Strafe verboten. Ob es dann aber wirklich eine Freiheitsstrafe (für beispielsweise 33 Gramm im Rücksack) gibt, hängt vermutlich davon ab, wie das jeweilige Bundesland das CanG auslegt.

Wie gesagt: Die armen Bayern…

§ 44 war anfangs nur ein Platzhalter mit dem Titel „THC-Grenzwerte im Straßenverkehr„. Am 28. März 2024 ist dann aber die entsprechende Expertenkommission zu einem Ergebnis gekommen: Nach deren Empfehlung an das Verkehrsministeriums soll der THC-Grenzwert künftig bei 3,5 Nanogramm per Milliliter im Blutserum liegen. Nach Ansicht der Experten sei das ein konservativer Ansatz und entspreche einem Blutalkohol-Wert von 0,2 Promille. Der vorgeschlagene Grenzwert ist allerdings derzeit noch nicht rechtskräftig, sondern muss zunächst noch vom Gesetzgeber angenommen und beschlossen werden.

Es bleibt also auch weiterhin spannend.