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HIGH in L.A.

Ende letzten Jahres besuchten wir den 35jährigen TV- und Spielfilm-Autoren Andrew Hyman in den Hollywood Hills in Los Angeles. Er nutzt Cannabis (zumindest offiziell) als Medizin – eine kleine bunte Karte ermöglicht es ihm, hochpotentes Cannabis ganz legal zu kaufen.

Du bist ja hier in Kalifornien aufgewachsen und hast auch als Teenager schon gelegentlich gekifft – wie siehst du heute diese Zeit im Vergleich zur Gegenwart?

Da hat sich seit meiner Teenagerzeit natürlich sehr viel verändert – der Wandel begann mit der Proposition 215, die im November 1996 mit 56 Prozent angenommen wurde und im Ergebnis Cannabis in Kalifornien umgehend als Medizin legalisierte. So entwickelten sich zahlreiche Verkaufsstellen für medizinisches Cannabis und ein ganz neuer, legaler Geschäftszweig, der immer weiter wuchs und immer bessere Qualitäten hervorbrachte. Als Teenager  habe ich da aber auch noch ganz andere Zeiten erlebt – im Vergleich dazu lebe ich heute wirklich in einer neuen Welt. Gerade in Hinsicht auf die erhältliche Qualität und wie einfach es mittlerweile ist, eine ärztliche Empfehlung zu kriegen und damit ganz legal einkaufen gehen zu können. Ich weiß noch, wie unglaublich das für mich anfangs war, Cannabis völlig entspannt kaufen, mit mir herumtragen und rauchen zu dürfen. Für mich fühlt es sich mittlerweile so an, als ob Cannabis bereits legal ist, da ich keine Angst mehr davor haben muss, wegen meines Cannabiskonsums in irgendeiner Weise bestraft zu werden. Überall gibt es sichere, legale Verkaufsstellen, die Qualität ist hoch und die Preise reguliert – da spielen ehemals wichtige Fragen wie „Wo kriege ich etwas her?“ oder „Bis wann kann ich was kriegen?“ heute gar keine Rolle mehr. Früher fing ich schon fünf Tage vor einem Festival-Wochenende an, wild in der Gegend herumzutelefonieren, um sicherzustellen, dass ich dann auf dem Festival auch wirklich etwas dabei habe. Und wenn ich dann etwas dabei hatte, fürchtete ich immer auch ein wenig, ich könnte damit erwischt werden, was mir dann mein Leben gründlich vermiest hätte. Heute dagegen plane ich meinen Einkauf ganz einfach mit ein: erst in die Drogerie, dann zum Weed-Shop und auf dem Heimweg noch schnell die DVDs zurückbringen. Cannabis kaufen ist nun tatsächlich so einfach wie sich ein Sixpack Bier zu besorgen – das ich das selbst noch erlebe, habe ich mir damals nicht vorstellen können.

Wann hast du dir deine erste ärztliche Empfehlung geholt und welche Gründe hast du dabei angegeben?

Meine erste Empfehlung bekam ich 2005 und ich hatte eigentlich keine ernsthaften gesundheitlichen Beschwerden. Aber bei mir wurde tatsächlich von einem praktizierenden Neurologen das Karpaltunnelsyndrom (Gelenkschmerzen) diagnostiziert – und das habe ich dann auch bei meinem Antrag auf medizinisches Marihuana gesagt und erklärt, dass mir Cannabis bei der Schmerzlinderung hilft. Insofern habe ich mir meine Beschwerden nicht einfach ausgedacht, so wie es hier wahrscheinlich die meisten tun, aber in Wirklichkeit hatte und habe ich gar keine Schmerzen und muss diese daher auch nicht mit Cannabis behandeln. Ich wollte mich – wie so viele – nur von der Angst vor einer möglichen Strafverfolgung befreien und ging deshalb zu einem Arzt, von dem ich wusste, dass er auch schon anderen eine Cannabis-Empfehlung geschrieben hatte.

Man kann sich also einfach irgendetwas ausdenken, ohne Beweise erbringen zu müssen?

Tatsächlich werden In Kalifornien nur sehr selten echte Beweise verlangt, um die jeweilige Geschichte eines Patienten zu untermauern. Natürlich hängt das immer von dem jeweiligen Arzt ab – ich selbst habe schon ganz verschiedene Doktoren kennengelernt, von denen einige tatsächlich nicht besonders seriös arbeiten. Es gibt Ärzte, die schauen dich nicht einmal persönlich an und du kriegst trotzdem deine Empfehlung – natürlich gegen eine entsprechende Gebühr. Da wird dann von einem Krankenpfleger eine bereits vorab von einem Arzt unterschriebene Empfehlung ausgefüllt – das habe ich selbst erlebt – und direkt neben der Praxis befindet sich eine angeschlossene Verkaufsstelle, in der man sich dann gleich eindecken kann. Manche Arztpraxen werben ganz offen damit, dass man hier eine ärztliche Empfehlung für medizinisches Cannabis bekommen kann – ganz ohne Termin und unmittelbar. In Kalifornien können also auch Kerngesunde relativ einfach an legales Spitzengras kommen – schließlich ist das mittlerweile zu einem Riesengeschäft geworden.