Was einem in Österreich passieren kann, wenn man ein legales Einzelhandelsgeschäft mit Namen „Hanfparadies“ betreibt, zeigt mein (bisheriger) Lebensweg, den ich hier in der Hoffnung zu Papier gebracht habe, dass mein Fall ein krasser Einzelfall bleibt.
„Cannabis ist eine Einstiegsdroge! Rauchst du es einmal, wirst du sofort abhängig und greifst zu stärkeren Drogen!“ – das war die Erziehungsdevise meiner Mutter. Gut, sie ist Pädagogin, und die allgemeine Einstellung gegenüber Hanf war in den 90er Jahren sehr negativ. Auch meine Professoren am Gymnasium spiegelten diese Meinung wider, deswegen nutzte ich damals die Möglichkeit, ein Referat über Cannabis zu schreiben. In diversen Bibliotheken – Google gab es damals noch nicht – suchte ich Lektüre über diese wundervolle Pflanze und wurde auch fündig; schnell hatte ich meinen Text geschrieben.
Während des Vortrages vor der Schulklasse sank mein Bonus bei meinem Deutschlehrer von Satz zu Satz. Am Ende gab es ein „Ungenügend“, nicht etwa wegen des Inhaltes, sondern wegen „Drogenverherrlichung“ – obwohl ich lediglich die Klasse über diese vielseitige Pflanze aufklären wollte. Seit damals ließ mich das Thema einfach nicht mehr los. Was konnte der Grund sein, dass ein natürliches Gewächs so viel Staub aufwirbelte?
Ein paar Jahre später (ich war bereits verheiratet und Vater) bekam ich mit, dass es in Wien eine Hanfdemo gab und auch in meiner Stadt ein erster Growshop seine Tore öffnete. Ich musste mich einfach bewerben und bekam schließlich den Job als Verkäufer. Es war alles Neuland für mich, aber da mich das Thema so sehr interessierte, kam ich schnell mit den Anbautechniken zurecht. Bald merkte ich, dass in dieser Branche, die gerade am Entstehen war, sehr viel Potenzial lag, und machte meine Unternehmerprüfung, um dann im Jahr 2001 mein eigenes „Hanfparadies“ eröffnen zu können. Mitten in Graz, an einer Hauptstraße gelegen und erstmalig ohne verdunkelte Auslagenscheiben. Ich wollte, dass das Hanfbusiness wie andere Branchen behandelt wird, und mir war wichtig, das Thema Cannabis salonfähig zu machen.
Es war eine tolle Zeit, das Geld floss, die Kunden waren glücklich, die Stecklinge verkauften sich wie warme Semmeln und ich fühlte mich wie ein Pionier. Natürlich gab es auch viele Neider und Hanfgegner, denen mein Shop ein Dorn im Auge war. Einige Anzeigen folgten unter anderem auf meine Zeitungskolumnen, die ich damals zum Thema Outdoorgrowing schrieb. Ein Justizprofessor reichte Anzeige wegen Werbung für Suchtmittel ein (ehemaliger § 29 SMG, wurde im Jahr 2009 aus dem Gesetzbuch gestrichen) – doch wie immer wurde auch diese Anzeige fallengelassen. Mit der Zeit wuchs das Einzelunternehmen zu einer GmbH mit neun Angestellten heran, mein zweiter Sohn kam auf die Welt, meine Gattin blieb deswegen öfter zu Hause und ich verlor das Thema „Cannabislegalisierung“ immer mehr aus den Augen.