Der-Kult-um-THC-Rekorde-Teil-1_01

Der Kult um THC-Rekorde bei Cannabissorten

Brettstark, aber notwendig?

Mit einer Eins vor dem Komma fing es an: Gerade einmal (heutzutage fast schon homöopathisch gering anmutende) 1,3 % THC wiesen in den USA beschlagnahmte Gras-Proben Mitte der 70er Jahre auf – im frühen Zeitalter des THC-Gehalt-Testens von US-amerikanischen Schwarzmarkt-Cannabisblüten. 1972 legte das dortige „National Institute on Drug Abuse“ ein Programm zur Überwachung der Potenz von Cannabis auf, seitdem wird regelmäßig der durchschnittliche THC-Gehalt der Asservatenkammer-Ware ermittelt.

1,3 % THC – das entspricht fast schon dem zulässigen THC-Höchstgehalt (bis zu 1 %) von legalem CBD-Gras in der Schweiz, es ist also eine THC-Menge, die man in der heutigen Zeit in der Alpenrepublik als harmloses Wellness-Gras durchgehen lässt und die auch von den Strafverfolgungsbehörden etlicher anderer Länder längst nicht mehr als schwerkriminell angesehen wird. Dieser seinerzeit (bei 70er Jahre-Gras) ermittelte sehr geringe THC-Wert bedeutet aber nicht, dass etwa die Hippies, die auf den Cannabis-Rausch, das Gefühl des High-Seins schworen, Simulanten waren oder sich die Wirkung nur einbildeten: Es steht zwar völlig außer Zweifel, dass der THC-Gehalt von Cannabisblüten nicht nur in den USA, sondern auch in vielen anderen Staaten über die Jahrzehnte stetig angestiegen ist und in den letzten zehn Jahren einen besonders deutlichen Sprung gemacht hat. Doch der statistische THC-Durchschnittsgehalt von 1-1,5 % in den USA der 70er Jahre bedeutet nicht, dass dort nicht auch Gras im Umlauf war, dass deutlich mehr THC enthielt. Denn oft fielen den Strafverfolgungsbehörden damals größere Partien Gras aus Mexiko in die Hände, welches in jener Ära marktbeherrschend war und typischerweise nur 0,4-1 % THC enthielt. Dieses „Mexican Weed“ machte den überwiegenden Teil des beschlagnahmten Cannabis aus und prägte deshalb auch maßgeblich den Wert des ermittelten THC-Durchschnittsgehalts.

Ende der 90er Jahre wiesen in den USA beschlagnahmte Cannabis-Proben im Mittel immer noch nur schwache 3,8 % THC-Gehalt auf, was angesichts der Tatsache, dass das Homegrowing damals schon sehr verbreitet war (und längst auch im illegalen Untergrund viele sehr potente US-Zuchtsorten im Umlauf waren oder Sorten aus den Niederlanden importiert wurden) zunächst überraschend erscheint. Doch auch für jene Zeit galt noch, dass es sich bei dem beschlagnahmten Gras überwiegend um Import-Ware aus Südamerika handelte und diese weitaus weniger potent war als US-Homegrown. Das schlug sich in der THC-Wert-Statistik entsprechend nieder.


2008 betrug der Durchschnittsgehalt der US-Ware dann schon 8,5 % THC, 2014 war er auf 12 % geklettert, vier Jahre später auf 15 %. In Colorado (zusammen mit Washington der erste US-Bundesstaat, in dem Cannabis 2012 als Genussmittel legalisiert wurde) lag der Wert 2014 sogar schon bei 18,7 %. Und es ging munter weiter die THC-Leiter hoch, besonders natürlich in den US-Bundesstaaten mit legalen Märkten. 2020 ergab eine Untersuchung von 8.505 Proben aus 653 Dispensaries in neun Bundesstaaten mit legalem medizinischen und Genussmittel-Markt einen mittleren THC-Gehalt von stolzen 21,5 %. Dieser Wert (erhoben auf Basis von hochwertiger legaler Shop-Ware) lässt sich natürlich nicht mit dem Durchschnittsgehalt der beschlagnahmten illegalen Ware früherer Jahre und Jahrzehnte vergleichen.