Bis an die Zähne bewaffnete Männer bewachen auf einer idyllischen thailändischen Insel eine versteckte Cannabisplantage und machen schließlich Jagd auf junge Touristen, die sich aus Versehen dorthin verirrt haben. Wer den Film „The Beach“ aus dem Jahr 2000 gesehen hat, mag erahnen, wie illegal, gefährlich und kriminalisiert Cannabis in Thailand noch bis vor kurzem war. Doch seit Anutin Charnvirakul, der Gesundheitsminister und stellvertretende Premierminister des Landes, am 9. Juni 2022 einen ebenso historischen wie revolutionären Schritt vollzog, ist das Geschichte: Denn an diesem Tag wurde in Thailand die Cannabispflanze von der Liste der „Category 5 Narcotics“ gestrichen, in der alle illegalen Drogen aufgeführt sind. Ein einziger Federstrich und schwupps – schon wurde dieser südostasiatische Staat im Handumdrehen zum de facto freizügigsten Land der Welt im Umgang mit Cannabis. Zumindest was den Anbau betrifft.
Bereits 2018 war Cannabis in Thailand zu medizinischen Zwecken legalisiert worden, und danach ging das Land mit der vollständigen Abschaffung des zuvor strikt illegalen Status der Pflanze noch einen gewaltigen Schritt weiter. Und das, obwohl die gegenwärtige Regierung dieses Staates rechtslastig und gesellschaftspolitisch klar konservativ geprägt ist und Thailand (wie auch alle anderen asiatischen Länder) auf eine lange strafrechtliche Geschichte mit drakonischen, mehrjährigen Haftstrafen (selbst für den einfachen Besitz kleiner Cannabis-Mengen) zurückblickt. Und nun das. Quasi über Nacht erfolgte die komplette Freigabe der Hanfpflanze und aller ihrer Bestandteile – ein echter Paukenschlag! Der daraus folgende Status Quo lautet nun: Jeder thailändische Bürger darf fortan privat beliebige Hanfpflanzen (egal ob nun Faser- oder Medizinalhanf) anbauen – und das sogar in beliebiger Anzahl. Dafür muss man sich lediglich über eine App („Pluke Gan“ bzw. „Growing Ganja“) bei der thailändischen FDA (Food and Drug Administration) registrieren und die Anzahl der angebauten Pflanzen mitteilen. Drei Tage nach der Gesetzesänderung hatten sich schon über 564.000 Thailänder bei dieser Behörde registrieren lassen.