Unzählige Sorten kreuzen im Laufe der Jahrzehnte den Weg eines Cannabis-Journalisten wie mir, der bereits seit 30 Jahren mit dieser Materie befasst ist. Wenn man auf Gras steht, liegt es in der Natur der Sache, dass man keine dieser Sorten grottenschlecht findet, da sie nun mal alle die geliebte Wirkung von psychoaktivem Hanf haben – mal schwächer, mal stärker, aber doch eben immer mit den so sehr geschätzten Cannabis-Vibes.
Das Gleiche gilt auch für die anderen wichtigsten Sortenkriterien: Es gab viele aromatisch faszinierende Strains und natürlich auch weniger faszinierende, also lediglich ganz gut schmeckende. Und die Erträge bewegten sich stets zwischen sehr solide und oberfett; wirkliche Missernten sind bei den Growern, die ich für meine Sortenporträts besucht habe, zum Glück niemals passiert. Bemerkenswert auch, dass in den letzten ca. 20 Jahren keine einzige echte Zwitterpflanze mehr dabei gewesen ist. In den ersten Jahren nach der Einführung von feminisiertem Saatgut im Jahre 1998 kam es immer mal wieder vor, dass einzelne Pflanzen zwitterten, also neben weiblichen auch männliche Blüten hervorbrachten, die
zunächst unbemerkt blieben und ihre Nachbarpflanzen teilweise bestäubten und somit versamten.
Unter den zahlreichen großartigen Strains, bei deren Anbau ich Zeuge sein und sie danach auf Wirkung und Geschmack testen durfte, gibt es eine Reihe von besonders hervorstechenden Sorten, die mir im Gedächtnis haften geblieben sind. Sechs davon möchte ich hier im Kurzportrait vorstellen – drei reine oder fast reine Indicas und drei ebensolche Sativas, um die beiden wesentlichen Eckpfeiler des Cannabis-Sortenspektrums abzudecken. Die systematische Unterteilung der Cannabispflanze in die beiden Arten Sativa und Indica ist jüngeren wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge im Sinne einer botanischen Klassifizierung in dieser Schlichtheit zwar nicht zutreffend, doch dieses begriffliche Paar, mit dem Generationen von Anbauern und Konsumenten aufgewachsen und vertraut sind, dient nicht nur im Volksmund, sondern auch bei den Cannabis-Samenbanken immer noch der generellen Unterscheidung von Wuchs-, Blüh- und Wirkungsweise von Cannabissorten.
Reine Indica-Pflanzen haben in der Regel eine kompakte bis gedrungene Statur und breite Blätter; die Blütenform ist oftmals knollig-rundlich-dick, und ihre Wirkung macht „stoned“, entspannt und beruhigt Kopf und Körper. Ihre Blütezeit ist meist deutlich kürzer als die von Sativa-Sorten. Reine Sativas dagegen sind tendenziell deutlich höher wachsend und produzieren schmalfingerige Blätter sowie länglichere und mitunter auch luftigere Blütenstände. Sie liefern ein aktivierendes, Kopf und Körper belebendes High. Losgelöst von wissenschaftlich-botanischen Betrachtungen und genetischen Analysen sind „Indica“ und „Sativa“ für Nicht-Wissenschaftler, also für das an-bauende und konsumierende Cannabisvolk, eigentlich nur bloße Eigenschaftsbegriffe und Schlagworte, die etwas jeweils Typisches beschreiben.


