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Kein Thema für Deutsche Medien: Der War on Drugs

Der weltweite „War on Drugs“ hat mittlerweile so skurrile Auswüchse angenommen, dass einem fast die Worte fehlen, wenn man sich mit den Details beschäftigt. Den meisten Deutschen Medien fehlen sie wirklich, denn sie berichten kaum über den blutigsten Konflikt unserer Zeit. Auch Deutschland rüstet auf, Heckler & Koch wurde nachgewiesen, dass auch deutsche Waffen in Mexiko töten. Unser Betäubungsmittelgesetz ist Teil des Drogenkriegs, sozusagen seine kleine Schwester: Die europäischen und nordamerikanischen Konsumenten und Sponsoren der Kriegsware werden durch das uneffektive und schädliche Gesetz in den Abnehmerländern kriminalisiert und kontrolliert. Deshalb hier noch einmal die wichtigsten Updates und Fakten zu einem Konflikt, in dem alleine in Mexiko über 40.000 Opfer zu beklagen sind. Das dortige Staatswesen funktioniert nicht mehr, weil auch der Polizeiapparat von den Drogenkartellen unterwandert ist. Selbst beim Anschlag auf ein Casino in Monterrey mit 52 Toten im August waren Polizisten beteiligt, nicht selten werden ganze Einheiten bei der Zusammenarbeit mit den Gangstern erwischt. Die USA haben mittlerweile eine Rolle eingenommen, die eine direkte Einmischung vermuten lässt.

Ein Bericht der Washington Times hat Beweise für die direkte Verstrickung von CIA und DEA in den „War on drugs“ geliefert: Robert Farago and Ralph Dixon von der „Washington Times“ berichten, dass die CIA eine Art Tausch von US-amerikanischen Waffen gegen Kokain aus Mexiko eingefädelt habe. Washington sei besorgt, das Los Zetas-Kartell könne nach der Wahl 2012 die Macht im Staat übernehmen. Deshalb unterstütze die CIA das rivalisierende Sinaloa-Kartell durch Waffenlieferungen aus den USA. Zudem stelle der Geheimdienst sicher, dass als Gegenleistung für die Hilfe das Koks des betreffenden Kartells unbehelligt in die USA komme.

So geschehen bei der Aktion mit Tarnnamen „Fast and Furious“(„schnell und rabiat“), in dessen Zuge das Sinaloa-Kartell 2000 Handfeuerwaffen erhielt. Auf US-Seite hätten das AFT (Bureau Of Alcohol, Tobacco, Firearms And Explosives) sowie Zoll- und Einwanderungsbehörden für den reibungslosen Ablauf des Waffendeals gesorgt.

Zudem sei die DEA mit dem „Übersehen“ einer vier Tonnen schweren Kokainladung des Kartells in einer Boing 747 betraut gewesen. Aufgeflogen sei der Deal, weil ein hohes Mitglied des Sinaloa-Kartells vor einem US-Gericht ausgesagt hatte, dass er seit Jahren mit Einverständnis der US-Behörden Koks schmuggeln würde.

Die Zeitung beruft sich bei ihren Enthüllungen zudem auf Aussagen des AFT-Agenten William Newell. Der hatte in einer Kongressanhörung den Waffendeal zugegeben und bestätigt, dass DEA, Zoll- und Einwanderungsbehörden kooperierten, die CIA jedoch nicht erwähnt. Angaben eines CIA-Insiders gegenüber der „Washington Times“ zufolge sei seine Behörde sehr wohl an der Aktion „Fast and Furious“ beteiligt gewesen.

Mit der Ermordung eines Kartellchefs geht der Drogenkrieg in die nächste, blutige Runde. Geht es 2011 so weiter, wird sich die Zahl der Toten noch einmal steigern. 2010 wurden über 15.000 Menschen in Mexiko ermordet.

Deutschsprachige Zeitungen oder Nachrichtenagenturen halten Details aus diesem Konflikt anscheinend für zu uninteressant, dass lediglich die Verhaftungen von „Drogenbossen“ gemeldet wird.

Auch in Afghanistan gehen Dinge vor sich, die, beschäftigt man sich mit für Afghanen selbstverständlichen Details des Heroinhandels, so haarsträubend sind, dass auch der fanatischste Drogenkrieger an die Grenzen seiner Überzeugung gelangen sollte.

Afghanische NGOs und Wikileaks berichten über eine unheilige Allianz zwischen Australischen NATO-Verbänden und dem Drogenhändler Matiullah Khan. Wikileaks hatte im August Dokumente veröffentlicht, die Details über die Kooperation liefern: Bereits 2006 berichtete die US-Botschaft von „glaubwürdigen Berichten, die besagen, dass Matiullah in Schutzgelderpressungen verwickelt ist, auf der Gehaltsliste der Polizei steht und in den Drogenhandel verstrickt ist.“ Auch ein Bericht eines republikanischen Kongressabgeordneten dokumentiert die Rolle des Drogenbarons eindeutig.

Australiens Militärführung war das egal, Khan wurde von der NATO sowie der Regierung in Canberra den vergangenen Jahren mit 45 Millionen US-Dollar unterstützt. Altgediente Khan-Milzien durften sogar in Australien ein Trainingscamp besuchen.

Die australische Regierung erklärte kürzlich, der Provinzgouverneur von Uruzgan sowie andere Regierungsbeamte hätten die Situation verbessert und die Korruption bekämpft. Genau diese Beamten wurden im Mai diesen Jahres dabei erwischt, wie sie von kleinen Opiumbauern Schutzgelder erpressten.

Einer der engsten Verbündeten gegen die in der Provinz Kandahar agierenden Taliban der NATO heißt Colonel Abdul Panj Sheri Rezzaq Razziq.

Kandahar ist zusammen mit Helmand der Opium- und Heroin-Hotspot in Afghanistan und ist als Grenzprovinz zu Pakistan mit dem Khojak-Pass die Hauptroute für den Heroin-Export. Der Polizeichef der Provinz Kandahar hatte sich bereits zu seiner Amztszeit als Leiter der örtlichen Grenzpolizei einen zweifelhaften Ruf als war War- und Druglord erarbeitet. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Razziq den Opiumhandel in der ihm unterstellten Provinz kontrolliert.

Passend dazu sind Meldungen, dass die Zahl der Heroinlabore in Afghanistan drastisch ansteige und im gleichen Atemzug die illegalen Lieferung von Essigsäureanhydrid nach Afghanistan zunähmen und sogar direkt von Razziq überwacht würden. Diese Chemikalie ist zur Heroinherstellung notwendig, der Import nach Afghanistan ist jedoch verboten. Nachdem es die USA und viele EU-Länder bis in die späten 1990er Jahre Erzeugerländer weltweit beliefert hatten, haben nach der strengen Reglementierung durch das Grundstoffüberwachungsrechts in der EU und den USA andere national und international agierenden Konzerne dieses Geschäft übernommen, ohne dass die Heroinproduktion vor Ort nicht möglich wäre.

In Süd-Afghanistan wurde eine Firma mit Münchner Sitz, die ein Brunnenbauprojekt betreibt, vom US-Finanzministerium auf eine Schwarze Liste gesetzt. Auf dieser „Specially Designated Nationals (SDN)“-Liste aufgeführte Personen oder Firmen dürfen mit den USA keine Geschäfte mehr machen, weil sie in den internationalen Drogen- oder Waffenhandel verstrickt sein sollen. Im konkreten Fall wirft die US-Regierung der „Intercontinental Baumaschinen und Nutzfahrzeuge Handels GmbH“ vor, sie sei am Handel von Heroin im Wert von 70 Millionen US-Dollar beteiligt. Einige US-Blogger ziehen ihre eigenen Schlüsse und spekulieren, die CIA habe Angst um die eigenen Gewinne vor Ort, bleiben allerdings konkrete Beweise schuldig.

Doch allein durch die bewiesene Zusammenarbeit mit den Druglords, die mit Hilfe der lokalen Drogenfahnder sogar unliebsame Konkurrenten ausschalten können, während ihre eigenen Felder von Soldaten geschützt werden, unterstützen die USA und andere NATO-Mitglieder die größten Heroinproduzenten der Welt aktiv.

Vor der NATO-Präsenz gab es fast keine Heroinlabore in den südlichen Provinzen, mittlerweile gibt es sie in unüberschaubarer Anzahl. Der Anbau von Weizen lohnt sich kaum, da der Weizenpreis aufgrund der billigen Hilfslieferungs-Programme der USA sowie der EU und des niedrigen Weltmarktpreises keinem Bauern das Überleben sichert.

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