„Zu allen Zeiten sind der Entwicklung der Medizin hauptsächlich zwei Hindernisse in den Weg getreten: die Autoritäten und die Systeme.“
(Dr. Rudolf Virchow)
In jüngster Vergangenheit wird in den Medien in einem verstärkten Umfang über den therapeutischen, sprich medizinischen Nutzen bestimmter psychotroper Substanzen diskutiert. Meist geht es in diesen Diskussionen über das medizinische Potenzial von illegalen Drogen, die über eine enorme Heilkraft verfügen. Hierzu gehört beispielsweise Cannabis, das aufgrund seiner schmerzstillenden, antispastischen und antiemetischen Wirkeigenschaften in den letzten Jahren immer stärker ins wissenschaftliche Interesse rückt. Aber auch alle anderen bekannten psychoaktiven Substanzen, selbst diejenigen, die aufgrund ihres vergleichsweise hohen Missbrauchspotenzials unter einem sehr schlechten Ruf leiden, können pharmakologisch genutzt und dahingehend sehr wertvoll sein. Wie genau die psychoaktiven Klassiker im Einzelnen schulmedizinisch eingesetzt werden, oder in Anbetracht der Prohibition eingesetzt werden könnten, zeigt der folgende Überblick.
Alkohol
Es gibt viele verschiedene Arten Alkohol, wobei nur seine destillierte Form, nämlich Ethanol bzw. Ethylalkohol (C2H6O), als ein hervorragendes Auszugsmittel von medizinischer Bedeutung ist. Ethanol wird seit je her zur Herstellung pflanzlicher Arzneistoffe (Phytotherapeutika) eingesetzt. Dazu werden wirksame Kräuter oder Pflanzenbestandteile über einen bestimmten Zeitraum in Ethanol eingelegt und im Anschluss filtriert abgegossen. Diese Medikamente, die mit Ethanol hergestellt werden und über einen sehr hohen pflanzlichen Wirkstoffgehalt verfügen, müssen gemäß der Arzneimittel-Warnhinweisverordnung (AMWarnV) mit entsprechenden Kennzeichnungen versehen werden. Obwohl Medikamente auf Alkoholbasis gesundheitlich völlig unbedenklich sind, und bei korrekter Anwendung eine Trunkenheit oder andere Symptome ausgeschlossen werden können, sollten Personen mit einer Alkoholkrankheit die Einnahme von alkoholhaltigen Arzneimitteln jedoch unbedingt mit ihrem Hausarzt abklären.
Hochprozentige Ethanollösungen, wie beispielsweise Franzbranntwein, werden volksmedizinisch bei der Behandlung von Durchblutungsstörungen eingesetzt. Ferner werden verdünnte Ethanollösungen oder ein in Alkohol getränktes Tuch bei der Versorgung von Personen, die unter einem schmerzenden Insektenstich leiden, genutzt. Ethanollösungen wirken nämlich abschwellend, kühlend, schmerz -und juckreizlindern. Dass Ethanol jedoch dazu in der Lage ist, das Insektengift zu deaktivieren, ist nicht der Fall.
In Form eines Gemisches aus Ethanol und Wasser wird Alkohol, der auf sämtliche Bakterien tödlich wirkt, zudem als wirksames Desinfektionsmittel oder Antiseptikum genutzt, etwa zur Hand- oder Wunddesinfektion. Außerdem wird Ethanol bei der Erstbehandlung von Methanol-Vergiftungen eingesetzt, wobei in einem solchen Fall darauf zu achten ist, dass die Behandlung sehr schnell erfolgt. Bei einem zu spät einsetzenden Therapiebeginn endet eine solche Intoxikation meist mit irreparablen Organschäden oder gar mit dem Tod.
Was den gesundheitsfördernden Genuss von Wein angeht, scheiden sich Geister. Viele Forscher sind der Ansicht, dass eine täglich getrunkene Menge von ca. 0,2-0,3 L Wein (und nicht mehr!) die Aufnahme von Vitamin C unterstützt, die Verdauung fördert, den Cholesterinspiegel senkt und psychosomatische Heilungsprozesse begünstigt.