ILove-(01)

iLove – verknallt in ein (Werbe)Image

Als am 20. September der Verkaufsstart für das neue iPhone 6 in Deutschland erfolgte, bildeten sich auch hierzulande lange Schlangen vor den einschlägigen Geschäften – manch einer wartete geschlagene 143 Stunden vor dem Laden, um dann stolz wie Bolle als Erster eines der nagelneuen Lifestyle-Geräte zu kaufen. Dabei bietet das iPhone 6 nur wenige technische Neuerungen, die den meisten eh zu technisch-kompliziert sein dürften. Aber es ist das neue iPhone und damit ein angesagtes Statussymbol – und ganz viele woll(t)en es haben…

Auch die Redaktion und viele Autoren der thcene arbeiten mit Geräten der Firma Apple. Wir reden uns ein, es liege an den   guten Erfahrungen und dem intuitiveren Umgang mit der Technik und nicht etwa daran, dass auch wir dem vielleicht erfolgreichsten Image eines multinationalen Konzerns erlegen sind. Immerhin ist es diesem Unternehmen aus einer Garage heraus gelungen, eine Marke zu kreieren, die weltweit wie keine andere zu begeistern versteht – dagegen stinken selbst Harley-Davidson (Platz 2) und Hello Kitty (Platz 3) mächtig ab. Möglicherweise baut Apple ja derzeit tatsächlich die besten Computer für Normalverbraucher – doch rechtfertigt das 143 Stunden Schlange stehen und Apple-Tätowierungen?

Nach wie vor ist Apple mit seinen 422 Milliarden US-Dollar der weltweit größte Börsenriese – deutlich vor Microsoft (234 Milliarden) und Coca-Cola (166 Milliarden). Man sagt, Apple könnte im Alleingang den Welthunger besiegen – doch im Silicon Valley schaufelt man lieber weitere Milliarden und ist damit inzwischen so groß wie die deutschen Mega-Firmen BAYER, SIEMENS, VW, BASF und SAP zusammen. Kritiker monieren neben schlechten Arbeitsbedingungen bei der Herstellung auch überhöhte Preise und eine Art technische Konformitätsdiktatur, die kaum individuelle Konfigurationen zulässt. Doch das ist dem Apple-Jünger egal, er kauft stets brav die neuesten Geräte und freut sich so beim neuesten iPad auch über den nun integrierten Fingerabdruck-Scanner. Viele wollen ihre Äpfel einfach immer mit dabei haben – irgendwie steckt da ja auch ihr ganzes Leben drin.

Kann man die Liebe zu einem Konsumprodukt wissenschaftlich messen und erklären? Ein ARD-Team beauftragte genau damit den Berliner Neurowissenschaftler Prof. Jürgen Gallinat – er sollte zeigen, was da im Gehirn passiert. Mit einem Magnetresonanztomographen (MRT) können Emotionen im Gehirn gemessen und dargestellt werden – 25 Testpersonen legten sich für jeweils eine Stunde in die MRT-Röhre und sahen dabei Bilder von Samsung- und Apple-Produkten an, die ihnen über einen Bildschirm vorgespielt wurden. Manche der Probanden waren Apple-Fans, andere bevorzugten Samsung oder gar keine bestimmte Marke.

Bei den Samsung-Produkten wurden Bereiche in der vorderen Gehirnregion aktiv – dem sogenannten präfrontalen Kortex, einem Gehirnareal, das mit Abwägung und Entscheidungen oder planerischem Handeln im Allgemeinen verknüpft ist. Tatsächlich ist das Samsung Galaxy nach Meinung der Fachpresse das bessere Handy, das – im Gegensatz zum neuen iPhone – selbst dann noch funktioniert, wenn es versehentlich im Wasser, im Bier oder in anderen Flüssigkeiten landet. Auch die Stiftung Warentest setzt Samsung klar vor Apple. Ganz offensichtlich lassen sich Samsung-Käufer also gerne von der Vernunft leiten – doch wie ist das bei Apple-Produkten?

Hier wurde im Gehirn ein Bereich aktiviert, der eigentlich mit dem Mögen oder Lieben von Personen verbunden ist. Apple vermag es sogar, die Gehirnregionen mancher Probanden zu aktivieren, die eigentlich der Gesichtserkennung vorbehalten sind. Obwohl die Firma an sich ja gar kein Gesicht hat – oder dachten die Probanden wirklich immer an Steve Jobs? Nach eigener Aussage taten sie das nicht – aber sie sagten Sachen wie: „Mein iPhone ist mein Baby“ – oder „Ich liebe Apple einfach“. Offensichtlich ist es den Marketingstrategen von Apple erfolgreich gelungen, ihre kleinen und großen Computer in den Augen der Konsumenten zu vermenschlichen. Sie werden tatsächlich von vielen geliebt – das ist natürlich ein wahnsinniger Wettbewerbsvorteil, denn wie soll man mit Liebe konkurrieren?