Nein, eigentlich ist es noch nicht DER Gipfel – schließlich war der G7-Gipfel, der Anfang Juni auf Schloss Elmau in Bayern stattfand, erst der Auftakt eines Jahres voller kostenintensiv inszenierter Lippenbekenntnisse der Politik. Vor den drei großen internationalen Gipfeln dieses Jahr in Addis Abeba (im Juli zum Thema Finanzen), New York (September zum Thema Nachhaltigkeit) und Paris (Dezember zum Thema Klima) sollte es in Elmau schon mal um die Themen Klimaschutz und Gerechtigkeit gehen. Dass das 48-Stunden-Treffen, dessen Agenda die Bundeskanzlerin aufsetzte, mit 360 Millionen Euro Kosten zu Buche schlägt, lässt schnell die Frage nach dem Sinn und Unsinn solcher Treffen aufkommen.
Statt sich kostengünstig via Telefonkonferenz oder einfach im Berliner Bundeskanzleramt (dass ja ohnehin schon dauerüberwacht wird und eine Bannmeile hat) über die Probleme der Welt auszutauschen, hat man ihr gleich noch ein paar zusätzliche beschert. Vielleicht nicht der Welt, aber eben dem Landschaftsschutzgebiet, das als Tagungsort gewählt wurde. Dieses ist nach dem 48-Stunden Speed-Meeting unter deutschem Vorsitz um ein paar Betonflächen und Hubschrauberlandeplätze reicher und um einiges an Naturschönheiten ärmer geworden.
Wer dachte, nach dem G8-Treffen 2007 in Heiligendamm (das 90 Millionen Euro kostete) könne man nun keinen mehr draufsetzen, der irrt. Das Treffen im Ostseebad war in Anbetracht der Kosten in diesem Jahr fast ein Schnäppchen. Wer es schön rechnete sprach von 150 Millionen und ließ damit einfach die Personalkosten für Tausende Polizisten aus der Rechnung aus – diese kosteten nochmals über 200 Millionen.
Im Juni diesen Jahres tummelte sich nun fast die gesamte Bundespolizei in und um Elmau. Der bayrische Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) sagte zu den Kosten, man müsse sie als „Demokratie-Kosten“ verbuchen. In der Umsetzung hieß das, auf jeden Demonstranten (die bis auf ganz wenige Ausnahmen friedlich waren) kamen etwa fünf Polizisten. Das Demonstrationsrecht, übrigens eines unserer Grundrechte, wurde kurzerhand abgeschafft und nur mittels Eilanträgen teilweise zurückerkämpft. So musste erst ein Gericht klären, ob ein Bauer seine private Wiese für ein Camp der Demonstranten zur Verfügung stellen darf. Und natürlich durfte er, denn die Begründung (die Demonstranten könnten auf der Wiese durch Hochwasser gefährdet werden) war nicht zuletzt in Anbetracht der zahllosen Sonnenscheinbilder vom Gipfeltreffen ein echter Behördenwitz.
Aber auch das kannte man ja bereits von anderen Gipfeltreffen dieser Art. Gut, es durfte ja demonstriert werden, im 100 Kilometer entfernten München und ebenfalls außer Hörweite im 20 Kilometer entfernten Garmisch-Patenkirchen. Vorsorglich wurde zudem um den luxuriösen Tagungsort (mitten im Landschaftsschutzgebiet) ein massiver Maschendrahtzaun gezogen, durch den keine Mäuse und schon gar keine Menschen kamen. Selbst Protestwanderer in kleinen Gruppen hatten keine Chance, sich dem Tagungsort der Mächtigen zu nähern. Greenpeace nutze zwar das Alpenpanorama und projizierte seine Forderungen auf die Berge und die Grünen hissten auf der Zugspitze ein Banner – ob diese Aktionen von den Mächtigen in Elmau überhaupt wahrgenommen wurden, ist jedoch fraglich. Denen wurde stattdessen die volle bayrische Charme-Offensive zuteil – seinen handverlesenen Gästen ließ der Bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer eine kleine Image-Broschüre unter dem Titel „Welcome dahoam“ zukommen. Hergestellt für läppische 300.000 Euro.
Vergleichsgröße gefällig? Mit dieser Summe hat die Welthungerhilfe 2.000 Flüchtlinge an der türkisch-syrischen Grenze sechs Monate am Leben erhalten.