In Teil 9 unserer Drogeninfo befassen wir uns mit einer uralten psychoaktiven Pflanze und ihren Produkten und zentralen Inhaltsstoffen. Die Rede ist vom Schlafmohn, dem daraus gewonnen Opium und dessen Opiumalkaloiden, insbesondere mit dem Alkaloid Morphin.
Der Schlafmohn heißt botanisch Papaver somniferum (Synonyme: Papaver glaucum Papaver nigrum, Papaver officinale, Papaver setigerum) und gehört zur Familie der Papaveraceae (Mohngewächse). Papaver somniferum wird neben anderen Trivialbezeichnungen auch Black-Poppy, Feldmohn, Garden-Poppy, Gartenmohn, Magenkraut, Opium-Poppy, Pavot somnifere, Poppy, Schlafmohn und White-Poppy genannt. Die Pflanze ist ursprünglich in (Süd-)Europa beheimatet, kommt aber heute weltweit als Kultivar vor, in der Schweiz sogar als Wildpflanze, Blütezeit ist von Juni bis August. Als vom Menschen verwendete Nutzpflanze ist der Schlafmohn mindestens seit der Jungsteinzeit bekannt, die früheste medizinische Verwendung ist für 4000 v. Chr. durch Keilschriften belegt.
Papaver somniferum ist ein einjähriges Gewächs (was nicht bei allen Mohnsorten der Fall ist), mit einfachem oder verzweigendem, glattem Stengel. Die zartblättrigen Blüten sind weiß, violett-weiß, violett, hellblau, purpur, rosa oder erscheinen in verschiedenen Rottönen, bis hin zur fast schwarzen Blüte; oft mit Fleck am Grund der Blütenblätter. Der Schlafmohn wird bis zu 180 Zentimeter hoch. Seine Blätter sind gezahnt, länglich bis oval, bläulich-grün, stengelumfassend und ungeteilt. Die Pflanzen bilden in der Regel dunkelbraunen Samen aus (wobei es Somniferum-Samen in den unterschiedlichsten Farben gibt: gelblich, graulich, bräunlich, schwarz), der in sich der Frucht (Mohnkapsel) befindet. Die Pflanzen beinhalten einen weißen Latex (Milchsaft).
Um die Mohngewächse rankt sich eine lange Historie, verbunden mit schrecklichen sozialen Ereignissen, wie beispielsweise dem Opiumkrieg (1840 bis 1842), den Opiumverordnungen im 20. Jahrhundert usw. Matthias Seefelder fasst in seinem Buch über Opium (siehe Literaturliste) zusammen, wie bewegt die Geschichte des Schlafmohns und des Opiums ist: „Als kultisches Symbol, als nahrhafte Speise und als heilende Pflanze trat der Mohn in die Geschichte der Völker Kleinasiens; von dort gelangte der Saft, das Opium, lange vor der Mohnpflanze als Droge ins Innere Asiens und nach China. Hier entwickelte sich zuerst die Opiumsucht, die zum Opiumverbot und zu den Opiumkriegen führte. Im 19. Jahrhundert veränderte sich die Anwendungsweise des Opiums: Es wurde zu einem der wichtigsten Arzneimittel und zu einer der populärsten Drogen. Und in den letzten Jahrzehnten der medizinischen und chemischen Forschung zeigt das Opium mit seinen Derivaten immer mehr sein wahres janusköpfiges Gesicht: als Schmerzmittel und als Droge“.
Anzumerken ist allerdings, dass der Opiumkrieg keineswegs aufgrund einer etwaig aufgekommenen „Opiumsucht“ entstanden ist, sondern ein Politikum und Ergebnis erfolgloser Verhandlungen zwischen den Chinesen und den Briten gewesen war – siehe dazu das Buch von Kathrin Metzger in der Literaturliste. Die vollständige Historie des Mohns und Opiums füllt ganze Bücher. Siehe dazu die Titel in der Literaturliste.
Das Morphin, auch Morphium genannt, wurde 1803/1804 vom deutschen Pharmazeuten Friedrich Wilhelm Adam Sertürner in seiner Paderborner Apotheke erstmals aus Opium isoliert und nach Morpheus, dem griechischen Gott des Traumes, benannt. Morphium, wie Sertürner es nannte, war allerdings vorher schon von den französischen Forschern Bernard Courtois und Armand Séguin entdeckt, deren Arbeit jedoch erst 1916 veröffentlicht worden. Erst 44 Jahre später war dann die korrekte Summenformel, weitere 77 Jahre später die Strukturformel bekannt. Morphin ist ein wichtiges Pharmakon für die Schulmedizin, weil es stark wirksame analgetische Effekte aufweist.