In diesen schwierigen Zeiten könnte sich Artemisia annua als sehr nützlich erweisen, schließlich wirken Extrakte aus dieser Pflanze nicht nur gegen Darmbeschwerden, Grippeviren, Entzündungen und Malaria-Erreger, sondern sie können (gemäß aktuellen Forschungserkenntnissen des Max-Planck-Institutes) auch gegen COVID-19 helfen. Nicht von ungefähr kommt es, dass der Einjährige Beifuß bisweilen auch als „Pflanze der Hoffnung“ bezeichnet wird.
Nicht viele Heilpflanzen werden derzeit so umfassend erforscht wie der Einjährige Beifuß. Das ist naheliegend, denn Zubereitungen aus diesem Gewächs zeigen ein vielversprechendes Potenzial bei der Behandlung zahlreicher Erkrankungen. Das ist den Menschen in China zwar schon seit vielen Jahrhunderten bekannt, inzwischen lässt sich dieses alte Wissen jedoch auch von Seiten der Wissenschaft erschließen.
Die Pflanzengattung Artemisia (benannt nach der altgriechischen Göttin Artemis) wird der Korbblütler-Familie zugeordnet und umfasst 300 bis 500 botanisch gesicherte Arten; darunter so bekannte und kulturträchtige Gewächse wie z. B. Beifuß, Eberraute, Edelraute, Estragon, Steppenbeifuß, Wermut und Yomogi. Den derzeitig sehr begehrten sekundären Pflanzenwirkstoff Artemisinin produzieren allerdings nur drei davon: Die wichtigste Quelle für die Isolierung dieses Naturstoffes ist der Einjähriger Beifuß; in weitaus geringeren Konzentrationen ist Artemisinin zudem in der Eberraute sowie im Zitwerbeifuß nachgewiesen worden. Ihr Vorkommen erstreckt sich über die gesamte Nordhalbkugel, nur wenige Artemisien gedeihen wild wachsend in Afrika oder Südamerika. Die größte Vielfalt unterschiedlicher Artemisia-Arten lässt sich in Russland und China finden, gefolgt von Europa, Nordamerika und Japan.
Artemisinin ist eine Substanz aus der Stoffgruppe der Sesquiterpenlactone, die als der (pharmakologisch betrachtet) bedeutsamste Wirkstoff des Einjährigen Beifußes gilt. Diese Verbindung kommt ausschließlich in den grünen Pflanzenteilen vor. Im getrockneten und kurz vor der Blütenbildung gesammelten Kraut beläuft sich die Konzentration auf ungefähr 0,1 %. Entdeckt und erstmalig isoliert wurde Artemisinin im Jahre 1971 durch die chinesische Pharmakologin und TCM-Ärztin Tu Youyou (*1930) als sie auf der Suche nach einem Ersatz für die klassischen Malaria-Mittel Chinin und Chloroquin auf die Spezies Artemisia annua aufmerksam wurde. Zwei Jahre später wurde ebenfalls durch Tu Youyou das wirkstärkere Derivat Dihydroartemisinin synthetisiert, wobei inzwischen einige weitere halbsynthetischen Abkömmlinge (z. B. Artemether, Artemotil, Artesunat) existieren, die allesamt von der WHO als Malaria-Medikamente bestätigt wurden und entsprechend angewendet werden. Für ihre wichtige Entdeckung (die über die Jahre hinweg dafür gesorgt hat, dass die durch Malaria bedingte Mortalität in vielen Ländern stark gesunken ist) bekam Tu Youyou 2011 den „Lasker DeBakey Clinical Medical Research Award“ verliehen. Im Jahr 2015 wurde sie dann auch mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.