Um während des zweiten Corona-Winters nicht durchzudrehen, hat unser Autor U.J. Walden im Herbst 2021 mit einem persönlichen Cannabispatienten-Erfahrungsblog begonnen. Mit Fortschreiten des Projektes wurde aus einer Excel-Datei eine immer größere Datenbank: Die Cannabisblüten-Datenbank (BlüDaBa). In einem ausführlichen Interview erzählt er uns alles über die BlüDaBa-Entstehungsgeschichte, seine Meinung zu allgemeinen Cannabis-Themen und seine Erfahrungen als langjähriger Cannabispatient mit Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse.
Lieber U.J., bitte erzähle uns zunächst etwas über deine Person.
Meine Heimat ist Bayern, ich bin Anfang 50, verheiratet, mit zwei Kindern im Teenageralter. Beruflich bin ich im IT-Bereich beschäftigt. Seit 2019 bin ich Krebs- und chronischer Schmerzpatient. Meine seit 2017 in Deutschland offiziell zugelassene und vom Arzt auf gesetzlichem Kassenrezept verschriebene Medizin sind „Cannabis flos“-Medizinalhanfblüten. Bekanntermaßen ist das Image der Hopfen-Schwester Cannabis immer noch recht negativ in Bayern. Ich fühle mich hier aber, bis auf den genannten Umstand, sehr wohl. Aber in unserem schönen Bundesland sind Repressionen und Stigmatisierungen trotz offiziellem Patientenstatus leider immer noch an der Tagesordnung. Eine Normalisierung dieser Realität wird trotz der angekündigten Legalisierung von Cannabis als Genussmittel sicher noch einige Jahre auf sich warten lassen. So lange will und kann ich aber nicht mehr warten. Um dieses Dilemma für mich aufzulösen, habe ich mich entschlossen, unter dem Pseudonym U.J. Walden mein erworbenes Wissen rund um das Thema Cannabis als Medizin in einem öffentlichen Blog zu teilen.
Hast du Cannabis auch schon vor deiner Erkrankung konsumiert?
In meiner Studienzeit und bei diversen Gelegenheiten bin ich auch zuvor schon mit Cannabis in Berührung gekommen. Zu diesem Zeitpunkt waren das rein hedonistische Gründe, aber ich wusste von Freunden und durch Recherchen auch schon um die heilsame medizinische Wirkung dieser uralten Heilpflanze.
Wie hast du von deiner Blutkrebserkrankung erfahren?
Im Frühling 2019 bemerkte ich eines Tages einen rapiden Leistungsabfall beim Joggen. Zur Sicherheit fand ich mich Mitte Mai zum Check meiner Lungenfunktion und für ein EKG bei meiner Hausärztin ein. Zusätzlich wurde ein kleiner Bluttest durchgeführt. Meine Ärztin teilte mir anschließend mit belegter Stimme mit, dass meine roten Blutkörperchen, welche auch den Sauerstoff transportieren, katastrophal niedrig sind und ich sofort in die nächste Klinik fahren solle.
Das muss ein ziemlicher Schock für dich und deine Familie gewesen sein…
Allerdings. Deshalb erlebte ich die nächsten Stunden auch wie in Trance. Bis dato kannte ich Krankenhäuser eigentlich nur als Besucher und hatte keine nennenswerte Krankenakte. Im Krankenhaus bekam ich dann Bluttransfusionen und es wurden auch Proben aus meinem Rückenmark entnommen. Die Diagnose lautete: ein sehr seltener, bösartiger, leider unheilbarer, aber gut behandelbarer Blutkrebs. Am Tag drei nach diesem Zufalls-Befund bekam ich bereits meine erste Chemotherapie