Editorial-201501-002

thcene 01/2015 (Januar-Februar)

Vor knapp zwei Jahren wurde Cannabis im US-Bundesstaat Colorado sowohl für den medizinischen als auch den Freizeitgebrauch freigegeben – dadurch bekam die weltweite Legalisierungsbewegung eine Dynamik wie selten zuvor.

Ein Jahr nachdem die ersten Hanf-Fachgeschäfte eröffnet haben, in denen Cannabisblüten für Erwachsene frei erhältlich sind, wurde nun erstmals Bilanz gezogen. In einer sehr interessanten Artikelsammlung dokumentiert die “Marihuana Industry Group” – ein Netzwerk von Hanf-Unternehmen in Colorado – anhand von zahlreichen Medienberichten die größtenteils positive Entwicklung der wachsenden, professionellen Cannabisszene.

Zweifellos zeigt der Bericht, dass die neu geschaffene Regulierung viel besser funktioniert als die vorher geltende  Verbotspolitik  und dass die von Anfang an übertriebenen Befürchtungen der Legalisierungsgegner nicht eingetroffen sind. Ganz im Gegenteil. Wer sich Sorgen um die Jugend von Colorado gemacht und in der Angst gelebt hat, Kinder und Jugendliche würden nun zu verstrahlten und demotivierten Cannabis-Zombies mutieren, wurde schnell eines Besseren belehrt. Schließlich nimmt der Konsum von Marihuana unter Jugendlichen in Colorado nicht zu, sondern seit 2009 beständig ab. Kifften vor der Legalisierung noch rund 24 Prozent der Schüler, sind es mittlerweile nur noch 20 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung ließ sich auch in Ländern wie z.B. den Niederlanden beobachten, wo es einen regulierten Cannabismarkt gibt.

Wirtschaftlich hat die neue grüne Industrie einen wahren Boom ausgelöst und dafür gesorgt, dass Colorado die niedrigste Arbeitslosenquote in den USA hat und unter Experten als der Bundesstaat mit der besten Wirtschaftsprognose gilt. Da die nicht unbeträchtlichen Mehreinnahmen durch die auferlegten Steuern aus dem Handel mit Cannabis zweckgebunden sind, konnten bereits finanzielle Mittel in Millionenhöhe in die Prävention, das Schulsystem und die Aufklärung investiert werden. Die Steuereinnahmen belaufen sich in dem

5-Millionen-Einwohner-Staat bisher auf über 100 Millionen Dollar und stellen einen wahren Segen für die Haushaltskasse dar.

Würde man diese Zahlen auf Deutschland mit seinen 80 Millionen Einwohnern übertragen, könnte man mit Steuereinnahmen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro pro Jahr rechnen. Doch leider hält die Bundesregierung immer noch hartnäckig an ihrer verfehlten Verbotspolitik fest – und verschließt auch weiterhin die Augen vor der sozialen und wissenschaftlichen Realität. So verwundert es nicht, dass die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler, dem Deutschen Hanfverband wegen dessen Legalisierungs-Werbespots (die seit November in über 200 Städten und 361 Kinos laufen) unterstellt, “auf schäbige Art und Weise mit den Ängsten der Menschen zu spielen”.

Colorado zeigt, dass eine Legalisierung von Cannabis glücken und für Staat und Bevölkerung von Vorteil sein kann – sowohl im sozialen als auch finanziellen Sinne. Deutsche Politiker sollten aufpassen, dass sie nicht wieder die Zeichen der Zeit verpassen.

Denn wer zu spät kommt, den bestraft bekanntermaßen das Leben.