Dr. med. Gernot Rücker ist Anästhesist, Notfall- und Suchtmediziner, Drogenforscher und einer der renommiertesten Fachleute für den Konsum von Freizeitdrogen in Deutschland. Rücker ist Leiter des Notfallausbildungszentrums an der Universitätsklinik Rostock und informiert beispielsweise auf großen Musikfestivals wie der bekannten FUSION über Drogen und deren Inhaltsstoffe. Als medizinischer Leiter der Festivalbetreuung hat Gernot Rücker einen ganz besonderen Einblick in die Drogenkultur, denn als Notarzt ist er auch mit den Schattenseiten des Substanzkonsums konfrontiert. Sein Buch „Rausch – Was wir über Drogen wissen müssen und wie ihr Konsum sicherer werden kann“ ist eine echte Empfehlung und räumt nicht nur mit gängigen Missverständnissen über Alkohol auf, sondern fordert auch eine Neubewertung und kontrollierte Freigabe bestimmter Substanzen angesichts der wissenschaftlichen Erkenntnisse und des Vergleichs der Gefährlichkeit mit akzeptierten Volksdrogen. Ich sprach mit Rücker u. a. über seine Einstellung zu psychoaktiven Stoffen und seine Meinung über Cannabis.
Es kommt selten vor, dass ein renommierter Mediziner, der auch noch so in der Öffentlichkeit steht, sich derart aus dem Fenster lehnt, wenn es um sogenannte Drogen geht – was ja in unserer Gesellschaft aufgrund von ideologischen Gründen fast wie ein religiöses Thema behandelt wird…
Ja, das mit der Religion kommt dem schon sehr nahe. In meiner wissenschaftlichen Welt lehne ich mich da aber gar nicht aus dem Fenster. Ich beurteile die Sachlage einzig und allein anhand der verfügbaren Fakten und Beweise, ohne jede Ideologie und ohne jedes persönliche Gefühl – also quasi ganz nüchtern, wenn man so will. Das gelingt mir leicht, da ich, abgesehen von Zucker, selbst keinerlei Rauschmittel konsumiere, auch keinen Alkohol. Und meine Forschungen sind komplett unabhängig, sodass ich keiner Lobby Rechenschaft schuldig bin.
Das schafft vor allem Glaubwürdigkeit, wenn du zum Beispiel den Deutschen in diversen Interviews erklärst, dass MDMA besser für einen erholsamen Rausch geeignet ist als Alkohol. Das dürfte viele konservative Bürger erschrecken, oder?
Was den Vergleich zwischen MDMA und Alkohol betrifft, so genügt allein ein Blick auf die jeweilige Datenlage zu den Todesfällen und auch zu den Folgeerscheinungen wie Abhängigkeit, Unfälle, Gewalt etc. – da rangiert MDMA in jeder Hinsicht weit abgeschlagen hinter vielen anderen Drogen, während Alkohol immer den ersten Platz belegt. Und viel mehr muss man dazu eigentlich gar nicht sagen.
Wohl wahr – und Cannabis, worum ja auch ein vollkommen überzogener politischer Affentanz aufgeführt wird, spielt da vermutlich auch keine Rolle, oder?
So ist es. Das wird total überzogen behandelt.