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Coffeeshops im Wandel der Zeit

Die vom Staat lediglich geduldeten holländischen Coffeeshops wirken angesichts moderner legaler Hochglanz-Cannabisverkaufsgeschäfte in Kanada und vielen US-Bundesstaaten heutzutage fast schon antiquiert, wie Relikte aus einer fernen Zeit, als die Niederlande nach Einführung ihrer berühmten Toleranzpolitik gegenüber „weichen Drogen“ für Cannabiskonsumenten noch so etwas wie die einzige Insel der Glückseligen auf dieser Welt war. Jetzt steht die Geschichtsschreibung der Coffeeshops kurz vor ihrem 50. Jahr – Grund genug, einen Blick auf die bewegte Geschichte dieser Etablissements zu werfen, die jahrzehntelang die weltweit einzigen Geschäfte waren, in denen psychoaktive Cannabisprodukte unter Einhaltung bestimmter Regeln straffrei verkauft und konsumiert werden durften.

Ja, es gibt sie immer noch, die berühmt-berüchtigten niederländischen “Koffieshops„. Ihre Zahl befindet sich zwar seit fast 30 Jahren im Sinkflug, doch als Institution haben sich die beliebten Cannabisverkaufsstellen halten können, trotz erheblicher politischer Anfeindungen seitens anderer Staaten in der Vergangenheit und auch manchen inländischen Schließungsbestrebungen. Ministerpräsident Jan Peter Balkenende (2002-2010) von der christdemokratischen CDA etwa war für ein völliges Ende der Duldungspolitik und wollte die Coffeeshops abschaffen, stieß damit jedoch auf zu viel Widerstand, auch in der eigenen Partei. 1993 befand sich die landesweite Zahl der Coffeeshops mit 1450 (davon allein ca. 400 in Amsterdam) auf einem historischen Höchststand, danach ging es bergab. 1996 wurden noch 1275 Shops gezählt, 2003 waren davon nur noch 754 übrig geblieben. Seitdem hat sich die Schrumpfung jedoch deutlich verlangsamt, Ende 2020 gab es in den Niederlanden noch ganze 565 Coffeeshops, wovon 166 auf Amsterdam entfielen. Der Grund für den Rückgang war vor allem der in den Grenzstädten und in Amsterdam überbordende „Drogentourismus“, der inakzeptable Zumutungen für die einheimische Bevölkerung mit sich brachte, worauf die niederländische Regierung 1994 mit der Einführung der sogenannten AHOJG-Kriterien für Coffeeshops reagierte, die unter anderem folgende Beschränkungen vorsahen: Keine Ruhestörung oder Belästigung von Anwohnern und Passanten, kein Verkauf an Jugendliche unter 18 Jahren, keine Werbung. 

1996 erließ die niederländische Regierung weitere Verschärfungen, beispielsweise wurde die zulässige Verkaufsmenge pro Transaktion von 30 auf 5 g gesenkt. Außerdem wurde es den Gemeinden erleichtert, Coffeeshops an unerwünschten Orten (z. B. wenn sie sich zu nahe an Schulen befanden) zu schließen. 2012 wurde zudem der „Wiet Pass“ eingeführt, der den Zugang zu Coffeeshops auf niederländische Staatsbürger beschränken sollte, doch seine Anwendung ist für die Gemeinden nicht verpflichtend, sodass ein landesweiter Flickenteppich aus Shops entstand, zu denen nur Niederländer Zutritt haben und solchen, die unverändert auch ausländischen Touristen Einlass gewähren. In Amsterdam gilt der Wiet Pass noch nicht, doch wenn es nach dem Willen von Bürgermeisterin Femke Halsema geht, soll er dort in den nächsten Jahren ebenfalls eingeführt werden.