Liegt die eingenommene Dosis höher als die persönliche Toleranz, haben wir es bekanntlich mit einer sogenannten Überdosis zu tun. Ein Phänomen, das im Kontext von Cannabis zwar nicht zum Tode führt, dennoch mit einer Vielzahl unangenehmer Symptome behaftet sein kann. Am häufigsten werden Gedankenverkettungen, Halluzinationen, Herzrasen, Koordinationsstörungen, Kreislaufprobleme, Paranoia, starkes Schwitzen, Taubheitsgefühle bis hin zu Erbrechen beschrieben. Umso wichtiger, dass ein adäquates Safer-Use-Management auch im Umgang mit Cannabis praktiziert wird. Denn welcher Konsument hat schon Lust darauf, dass es ihm nach dem Konsum eines psychoaktiven Hanfproduktes schlechter geht als vorher? Das ist ganz sicherlich Niemandes Absicht.
Manchmal kursiert unter Pflanzenfreunden die Ansicht, dass natürliche Heilmittel auf Pflanzenbasis, im Gegensatz zu synthetisch erzeugten Pharmaka, über keinerlei Nebenwirkungen verfügen und eine Überdosis mit ihnen nahezu ausgeschlossen ist. Natürlich handelt es sich hierbei um eine Fehlannahme; es sei denn, sie meinen die sogenannten Homöopathika, bei denen die pharmakologischen Prinzipien nur noch in Spuren bzw. als „Information“ vorliegen. Schließlich können auch pflanzliche Wirkstoffe, wenn sie in zu hoher Menge zugeführt werden, ein äußerst unangenehmes Nebenwirkungsspektrum herbeiführen. Wer also glaubt, dass die Einnahme von Pflanzen generell unbedenklich ist, befindet sich auf einem gefährlichen Irrweg. Selbst solche Pflanzen, die gemeinhin als verhältnismäßig ungefährlich eingestuft werden, nehmen wir exemplarisch den Hanf oder den Baldrian, können infolge einer überdosierten oder anderweitig unsachgemäßen Anwendung durchaus unangenehm sein und bisweilen sogar exakt das Gegenteil von dem bewirken, was man mit ihrer Einnahme eigentlich beabsichtigt hatte.
Wann ist eine Überdosis erreicht?
Eine Aussage darüber, ab wie viel Gramm Cannabis eine Überdosis erreicht ist, kann nicht getroffen werden, ist eine solche doch in erster Linie von der persönlichen Toleranz abhängig, weiterhin von Set und Setting. Das bedeutet, dass sich Neulinge mit einer niedrigen (oder mit gar keiner) Toleranzschwelle schneller überdosiert haben als diejenigen, die bereits seit vielen Jahren regelmäßig konsumieren. Im Umkehrschluss heißt das allerdings nicht, dass sich erfahrene Konsumenten nicht versehentlich auch einmal zu viel applizieren können. Besonders bei oralem Gebrauch oder im Umgang mit Extrakten kann das schnell passiert sein.
Zitat aus Andrew Weils „Drogen und höheres Bewusstsein“ über ein Selbstexperiment mit 6g Haschisch, oral appliziert: „Die Wirkungen der Droge verspürte ich innerhalb von vierzig Minuten und sie waren ungefähr eine halbe Stunde lang angenehm, aber stark. Danach wurden die Dinge ziemlich verwirrend. Ich konnte nicht verstehen, was man zu mir sagte, fühlte mich körperlich krank und konnte bald nichts mehr tun, als im Bett zu liegen und auf den Morgen zu warten. Akustische Halluzinationen waren vorherrschend, besonders bedrohliche Stimmen, die sich bis zu einem Crescendo steigerten und dann verklangen. Ungefähr zwölf Stunden blieb ich einem Bewusstseinszustand zwischen Schlafen und Wachen, der von lebhaften Albträumen begleitet war. Lichte Augenblicke waren selten; die meiste Zeit wusste ich nicht, wo ich war, und dachte sogar, ich sei sechs Jahre alt und hätte die Masern. Gegen Morgen waren die meisten der schlimmen Symptome verschwunden, aber ich hatte einen mächtigen Kater, der mich weitere 24 Stunden niederstreckte. Ich würde dieses Experiment nicht freiwillig wiederholen.“
Die Bedeutung von Set und Setting
Neben der persönlich-individuellen Toleranz sind im Kontext einer Überdosis mit Cannabis außerdem sowohl die innere Geisteshaltung und Befindlichkeit (Set) als auch die äußere Umgebung (Setting) von Relevanz. Sind diese beiden Aspekte günstig ausgerichtet, muss eine (zu) hoch gewählte Dosis eines potenten Cannabisproduktes jedoch nicht zwangsläufig unangenehm wirken. Manchmal ist sie auch wundervoll – keine Frage. Stehen wir jedoch gerade unter enormem Stress, schlummert in uns akut eine latente Psychose oder befinden wir uns in einer unangenehmen oder gar bedrohlichen Umgebung, dann kann die gleiche Dosis selbigen Hanferzeugnisses bei ein und derselben Person eine gänzlich andere Wirkung hervorrufen. Dazu zwei kurze Beispiele: Typische Symptome einer hohen Dosis, die häufig dann auftreten, wenn sich der Konsument wohl fühlt und „fallen lassen“ kann, Set und Setting also günstig ausgerichtet sind, können beispielsweise heftige Lachanfälle sein, bisweilen so stark, dass man am Folgetag Schmerzen in der Bauchmuskulatur verspürt. Daneben kann es auch zu psychedelischen Effekten kommen, etwa zu einer fantastischen geistigen Leichtigkeit oder dem Gefühl, bei geschlossenen Augen aus dem Körper herauszufliegen. Auch mystische oder entheogene Erfahrungen sind bei dem Arrangement eines entsprechenden „Mind-Sets“ sowie eines förderlichen Rahmens durchaus möglich, gefolgt von einem tiefen und erholsamen Schlaf. Auf der anderen Seite, wenn Set und Setting ungünstig sind, wirkt eine durch Cannabis hervorgerufene Sinneserweiterung sehr häufig überfordernd. Es kommt zu einer Verstärkung der aktuellen Gemütsverfassung und nicht selten zu Angstanflügen, einhergehend mit einem deutlich spürbaren Anstieg des Herz- und Pulsschlags. Manche Personen haben sogar Todesangst-ähnliche Panikzustände beschrieben, da sie glaubten, einen Herzinfarkt zu erleiden, oder sich sicher waren, in diesem Zustand „hängen zu bleiben“. Es kann aber auch zu anderweitig sehr blockierend wirkenden Gedankenverkettungen kommen, zum sogenannten „destruktiven Gedankensalat“. Fazit: Der Grat zwischen psychedelisch und unangenehm ist im Falle von Cannabis sehr schmal, wobei die Aspekte Set und Setting maßgeblich mitverantwortlich dafür sind, in welche Richtung sich die Rauscherfahrung entwickeln wird.
Gibt es eine letale Dosis?
Bekanntlich ist bis dato noch keine Person an den Folgen des Cannabis- Konsums gestorben, auch nicht an einer Überdosis. Eine letale Dosis wird es sehr wahrscheinlich aber dennoch geben, auch wenn der Mensch dafür eine unglaublich große Menge benötigen würde, die er sich mit einem Mal verabreichen müsste – ein praktisch betrachtet unmögliches Unterfangen. Wissenschaftler der DEA haben einmal versucht, den LD-50-Wert von Cannabis zu ermitteln, was ihnen jedoch nicht gelingen konnte.
Die Labormäuse wollten einfach nicht sterben – keine Dosis war hoch genug. Derzeitig wird spekuliert, dass die letale Dosis Cannabis irgendwo zwischen 1:20.000 und 1:40.000 liegt. Das bedeutet, dass man etwa 20.000 Mal mehr Cannabis einnehmen müsste als normalerweise, um schließlich daran zu sterben.
Wem kann es passieren?
Eine versehentliche Überdosis kann prinzipiell jedem Konsumenten unterlaufen. Auch solchen, die meinen, dass sie erfahrene „Stoner“ sind. Wer zum Beispiel über Jahre hinweg einen mittelstarken „Platten- Maroc“ geraucht hat und dann zum ersten Mal einen Zug an einer Bong nimmt, die mit einem hochprozentigen Cannabinoid-Extrakt befüllt ist, den kann es schon mal für zwei bis drei Stunden in ungeahnte Dimensionen befördern – unabhängig davon, wie erfahren sich diese Person glaubt. Umgekehrt, wenn sich ein langjähriger Konsument eines milden und aktivierend wirkenden Sativa-Strains mit der „schweren“ Wirkung eines starken, traditionellen Haschischs konfrontiert sieht, kann es ihm binnen weniger Minuten „beide Schuhe ausziehen“ und die nächste Couch sollte sich dann idealerweise in nicht allzu weiter Entfernung befinden. Bleibt es dabei, ist alles gut. Wird es hingegen unangenehm und überfordernd, ist das ein klarer Hinweis auf eine Überdosis bzw. darauf, dass es zu viel des Guten war.
Notfallmaßnahmen
Bewusstmachen der Situation: Befindet sich der Konsument in einem Cannabisrausch, in den er sich nicht fallen lassen kann und der sich stark ins Unangenehme entwickelt, kann es helfen, wenn
er sich die Situation, in der er sich gerade befindet, noch einmal ins Bewusstsein ruft und sich vergegenwärtigt, dass die Wirkung samt der unangenehmen Begleiterscheinungen durch Cannabis hervorgerufen wurde und sämtliche wirkspezifischen Effekte nach ein bis drei Stunden wieder verschwunden sind – zumindest dann, wenn die Materialien geraucht oder vaporisiert wurden. Wird Cannabis hingegen oral aufgenommen, hält die Wirkung bis zu sechs Stunden länger an; bei drastischen Überdosierungen auch noch länger.
https://www.thcene.com/2015/03/der-atem-ist-die-bruecke-zwischen-koerper-und-geist/Atemübungen zur Beruhigung: Eine sehr gute Methode zur allgemeinen Beruhigung von Körper und Geist ist folgende Atemtechnik: Schnell Einatmen und langsam Ausatmen. Dabei die volle geistige Aufmerksamkeit auf den Atemfluss richten. Auch unangenehme Gedankenverkettungen können durch diese beruhigende Atemübung sowie die gleichzeitige mentale Fokussierung gelöst werden, ebenso durch Angst bedingtes Herzrasen oder Muskelkrämpfe.
Kohlenhydrate und Fruchtzucker: Vielen Personen hilft es im Zuge einer zu stark geratenen und mit Übelkeit und Unwohlsein einhergehenden cannabinoiden Rauscherfahrung, wenn sie etwas kohlenhydratreiches essen oder einen süßen Fruchtsaft trinken. Dadurch normalisiert sich nämlich der Blutzuckerspiegel, was für gewöhnlich zu einer raschen Besserung des Zustands führt.
Nikotin: Das Rauchen von Tabak ist aufgrund von gesundheitlichen Nebenwirkungen natürlich keinesfalls zu empfehlen! Im Falle einer Cannabis-Überdosierung hat das Rauchen einer Zigarette allerdings schon so manchem (tabakrauchenden) Hanffreund dabei geholfen, sich schneller beruhigen und wieder „runterbringen“ zu können.
Beruhigende Hilfe eines Bekannten: Wenn eine zweite Person anwesend ist oder wenn beispielsweise eine gute Bekannte in der unmittelbaren Nähe wohnt, kann man sich auch von dieser helfen lassen. Zu Zwecken der Beruhigung und Entspannung ist es in den meisten Fällen nämlich sehr förderlich, wenn man sich in den Armen eines vertrauten Menschen befindet und dieser etwas Besänftigendes erzählt (Stichwort: Talk Down).
Frische Luft: Wenn die Symptome nicht zu stark sind und sinnvollerweise auch nur dann, wenn eine Begleitung vorhanden ist, kann es Sinn machen, eine kleine Runde im Freien zu drehen.
CBD-Zufuhr: Von wissenschaftlicher Seite ist es bislang zwar lediglich reine Spekulation, doch es liegen einige Erfahrungsberichte vor, die darauf schließen lassen, dass es möglich sein kann, mit CBD-Präparaten die unangenehmen psychischen Symptome einer THC-Überdosis signifikant abschwächen zu können.
Ärztliche Hilfe: Wenn die Symptome trotz aller Versuche nicht schwächer werden wollen und man ernsthaft um seine Gesundheit fürchtet, sollte unbedingt ein Arzt alarmiert werden. Sicherheitshalber sollte beim Notruf jedoch nicht der Konsum von illegalen Drogen erwähnt, sondern lediglich die vorherrschenden Symptome erläutert werden. Dann bringt der Notarzt auch nicht die Polizei mit. Sobald die Helfer eingetroffen sind, muss man ihnen allerdings unbedingt erzählen, dass dieser Zustand durch Cannabis herbeigeführt wurde – ansonsten können sie keine angemessenen Handlungsschritte einleiten. Schließlich ist der Konsum auch keine Straftat, zudem unterliegen Ärzte und Sanitäter der Schweigepflicht. Unabhängig davon ist es jedoch ratsam, darauf zu achten, dass die helfenden Personen keine Konsum- und Besitz-Spuren vorfinden; möglicherweise fühlt sich der ein oder andere ansonsten dazu verpflichtet, den Vorfall der Polizei zu melden. Der Arzt wird, sobald er von der Sachlage erfahren hat, sehr wahrscheinlich zur Beruhigung der Psyche ein Benzodiazepin und zur Beruhigung des Pulsschlags einen Beta-Blocker verabreichen, worauf man zur weiteren Beobachtung und Stabilisierung über Nacht mit ins Krankenhaus genommen wird. Am nächsten Tag fühlt man sich möglicherweise leicht desorientiert und verwirrt. Im Unterschied zu einer Überdosis Alkohol kann man sich im Falle von Cannabis aber noch an alles erinnern.
Fazit
Was für alle psychoaktiven Substanzen gilt, lässt sich natürlich auch auf Cannabis beziehen. Sprich: Nur dann, wenn Dosis, Set und Setting adäquat ausgerichtet werden, kann die Wirkung von Cannabis ihren vollen Zweck erfüllen. Und da der Zweck meistens darin besteht, einen angenehmen und förderlichen Geisteszustand zu verschaffen oder diverse Krankheitssymptome zu lindern, sollte jeder Konsument im eigenen Interesse diese weitläufig bekannte Theorie ernsthaft beherzigen – so auch im Umgang mit Cannabis!


