Kaliforniens Cannabis-Industrie steckt derzeit trotz erfolgter Legalisierung in einer Krise. Ein ständiges Überangebot an Gras, hohe Steuerabgaben und ein krasses Bürokratie-Labyrinth bei der Lizenzvergabe machen es gerade kleinen Familienbetrieben (von denen viele Cannabis früher illegal angebaut haben) und mittelständischen Unternehmen fast unmöglich am „Green Rush“ teilzuhaben und davon zu profitieren. POSIBL ist ein US-amerikanisches Cannabis-Unternehmen, das sich diesem Trend widersetzt und dabei innovative Technologien in seinen Gewächshäusern nutzt, in denen ganzjährig biologisch angebautes Cannabis produziert wird. In diesem Interview mit POSIBL-Geschäftsführer Jesus Burrola erfahrt Ihr, was diese Firma vom Rest der Branche in Kalifornien abhebt.
Was genau macht POSIBL zur Cannabisfarm der Zukunft?
Unsere Hightech-Gewächshäuser gewährleisten den effizientesten Anbau von qualitativ hochwertigem Cannabis auf großen Flächen. Dabei sind sie mit modernsten Technologien der Landwirtschaft ausgestattet – beispielsweise mit effizienter LED-Beleuchtung, einem Energie-Blockheizkraftwerk, einem Wasserrückführungssystem und einem vollautomatisierten Growbereich, der computergesteuert ist. Dank dieser Technologien können wir biologisches Cannabis in Indoor-Qualität nachhaltig und effizent anpflanzen. Das bedeutet bessere Qualität zu einem günstigeren Preis für den Endverbraucher. Außerdem bieten wir unseren Großhandelsabnehmern eine Reihe von maßgeschneiderten Lösungen bei der Produktion, dem Vertrieb, dem Marketing und auch dem Verkauf von Cannabis an.
Wie hat dich dein bisheriger Werdegang auf die Arbeit in der Cannabis-Industrie vorbereitet?
Ich habe natürlich auch schon Erfahrungen als Vertriebsleiter für kleine und mittelständische Bauunternehmen gesammelt – in der Baubranche laufen die Dinge selten wie geplant, daher unterscheidet die Fähigkeit, spontan Probleme lösen zu können und starke, auf Vertrauen basierende Beziehungen zu haben und pflegen zu können, einen guten von einem schlechten Vertriebsleiter. In der Cannabis-Industrie ist das nicht anders, es gibt keinen Mangel an gutem Cannabis auf dem Markt. Aber die Fähigkeit, kontinuierlich zu liefern und mit neuen Marken als Partner zusammenzuarbeiten, um ihnen zu helfen, auf dem Markt erfolgreich zu sein – das unterscheidet uns wohl von den meisten anderen Unternehmen.
Ihr habt euch ja verpflichtet, nachhaltig zu wirtschaften. Welche Schritte unternimmt POSIBL ganz konkret, um dieser Verpflichtung nachzukommen?
Unser Ziel ist es, das ganze Jahr über qualitativ hochwertige Cannabisblüten auf nachhaltige und biologische Weise anzupflanzen. Die meisten Konsumenten sind sich des sehr hohen CO2-Werts von Cannabisblüten aus herkömmlichem Indoor-Anbau gar nicht bewusst. Es wird geschätzt, dass ein halbes Kilo Indoor-Gras den gleichen CO2-Fußabdruck hat, als wenn man mit dem Auto achtmal von der Westküste der Vereinigten Staaten zur Ostküste fährt. Achtmal von Los Angeles nach New York – das muss man sich mal überlegen! Eine normale Indoor-Anlage nutzt nichts von der natürlichen Umwelt, daher müssen die Grow-Bedingungen künstlich durch die Verwendung von viel Equipment geschaffen werden, was große Mengen an Energie erfordert. In einem Gewächshaus wird dagegen das natürliche Sonnenlicht genutzt und nur soweit durch LED-Technologie ergänzt, dass ein ideales Niveau erreicht wird. Und durch unsere Wasserumwälzung wird dasselbe Wasser mehrmals verwendet. Eine der größten Innovationen, die wir nutzen, ist der Einsatz eines kleinen Energie-Blockheizkraftwerks, das Erdgas vor Ort nutzt. Denn bei der Verbrennung von Erdgas entsteht CO2, welches wiederum von Pflanzen benötigt wird und am Ende durch die Photosynthese wieder in Sauerstoff umgewandelt wird.
Lass uns über Sorten sprechen. Welche Strains baut ihr derzeit für den kalifornischen Markt an?
Aktuell gibt es zwei Projekte, die uns besondere Freude machen. Zusammen mit der „Sativa Preservation Society“ – einem Projekt des Grower-Kollektivs „Space Coyote“ – betreiben wir ein Projekt, das zum Ziel hat, einige der legendären originalen Sativa-Genetiken zu erhalten. Wir züchten da derzeit drei Original-Sativas aus der Haze-Familie: Cuban Black Haze, A5 Haze und C5 Haze. Dabei handelt es sich
um Sorten, die schon in den 80er Jahren von dem Hanfpionier und Growexperten Neville Schoenmaker kultiviert wurden und damit zu den ältesten erhaltenen Schätzen der Cannabis-Genetik zählen.
Das sind alles Strains mit 12 bis 14 Wochen Blütephase und einer unglaublich energetisierenden Wirkung, die man derzeit auf dem kalifornischen Markt so nicht finden kann. Die meisten Sativas der Haze-Familie stammen von Nevilles C5 Haze ab. Egal ob Klassiker wie Super Silver Haze, Jack Herer oder modernere Sorten wie beispielsweise Blue Dream und Strawberry Cough. Sie alle haben C5 Haze zur Ur-Großmutter. Die Wirkung ist unglaublich energetisierend, stellt einen auf und macht gute Laune. Deshalb nennen wir sie auch Cappuccino Haze. Der zweite Strain ist Uptown Haze (A5 Haze). Dabei handelt es sich um einen Phänotyp von der Ostküste der USA aus der A5-Linie. A5 Haze war in den frühen 90er Jahren ein Favorit der Coffeeshop-Szene in Amsterdam. Von Nevilles drei Haze-Sorten, die die „Sativa Preservation Society“ mit uns kultiviert, hat diese den höchsten Gehalt an Terpenen. Cuban Black Haze dagegen ist ein legendärer Strain aus New York. Diese würzig-nussige Sativa, die auch als „The Piff“ bekannt ist, war so begehrt und selten, dass die Dealer über 2.000 Dollar pro Unze (28,3 g) dafür von der High Society im Big Apple verlangten. Diese Sorte wird von „Space Coyote“ wegen seiner überwältigenden Wirkung – ausgelöst durch den unglaublich hohen THC-Gehalt – auch als „Methampheta-Weed“ bezeichnet. Kein Strain, den man nach Sonnenuntergang dampfen sollte, es sei denn, man will sich die Nacht um die Ohren schlagen und kein Auge zu tun – dann ist Cuban Black Haze die perfekte Wahl. Die Zusammenarbeit mit einem Kollektiv wie „Space Coyote“ und deren Breedern Skunktek und J-Trees freut uns dabei umso mehr, da es uns ermöglicht, diese einzigartigen und magischen Sorten den Konsumenten näherzubringen und diese Schätze der Natur für die Zukunft zu bewahren.
Es gibt aber sicherlich auch noch weitere Projekte, oder?
Klar, ein anderes Projekt ist die Zusammenarbeit mit dem Grower MeanGene von „Freeborn Selections“. Wir helfen ihm dabei, sein mittlerweile legendäre Sorte Root Beer auf den Markt zu bringen – eine Sorte, die unter Cannaseuren längst schon zur Legende geworden ist. Es gibt dazu einen enormen Hype seitens der Konsumenten, da nur sehr wenige Menschen diese Sorte tatsächlich schon einmal geraucht haben. Aber die Erfahrungsberichte, die sich um diesen Strain ranken, loben ihn in den Himmel, und wir sind sehr stolz darauf, mit MeneGene zusammenzuarbeiten, um Root Beer endlich in großen Mengen zu
produzieren und die Sorte in großem Stiel auf den Markt zu bringen. Bei diesen beiden Projekten geht es vor allem darum, Partnerschaften mit Züchtern einzugehen, die mit Herz und Seele Cannabis professionell züchten und ihre einzigartigen Sorten, in deren Genuss bisher nur eine Minderheit von glücklichen Cannaseuren gekommen ist, einem breiteren Publikum vorzustellen und durch den damit verbundenen Erfolg ihre langjährige Arbeit zu würdigen und ihre Strains für die Zukunft zu bewahren. Das ist die Vision, mit der wir POSIBL betreiben.
Der Cannabis-Markt in Kalifornien ist ja hart umkämpft. Welchen Rat würdest du jemandem geben, der zu diesem Zeitpunkt hier ein Cannabis-Start-up gründen möchte?
Glücklicherweise muss man das Rad ja nicht neu erfinden, und dank Unternehmen wie POSIBL ist es heute einfacher denn je, ins Cannabusiness einzusteigen. Genauso wenig wie man eine Zuckerrohrplantage betreiben muss, um einen Softdrink auf den Markt zu bringen, kann man heute eine Kooperation mit einem Unternehmen wie POSIBL eingehen und uns mit dem zeit- und kostenaufwendigen Anbau von Cannabis beauftragen. So können sich unsere Partner darauf konzentrieren ihre Marke aufzubauen, und wir übernehmen den ganzen Rest – vom Anbau bis zur Verpackung der gewünschten Cannabissorten. Anschließend unterstützen wir unsere Partnerfirmen bei allen Schritten, damit letztendlich das perfekte Endprodukt in den Händen der Verbraucher landet.
Kürzlich habt ihr euer erstes Investoren-Event veranstaltet – welche Erfahrungen habt ihr dabei gemacht?
Unser jüngster Investorengipfel war ein großer Erfolg. Ziel war es, Investoren über die Herausforderungen und Chancen von Cannabis aufzuklären, unsere Aktionäre mit unseren Partnern bekannt zu machen, Networking-Möglichkeiten für alle Beteiligten zu bieten und zu diskutieren, wie sich diese Branche unserer Meinung nach in Zukunft entwickeln wird. Die legale Cannabisindustrie steckt noch in den Kinderschuhen, und es gibt kein Handbuch für den besten Weg nach vorne, insbesondere angesichts der sich ständig ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen. Wir glauben, dass wir etwas dazu beitragen können, wie sich die Branche entwickelt, wenn wir Züchter, Marken, Händler, Aufsichtsbehörden, Investoren und andere Interessengruppen an einen Tisch bringen, um über ihre Herausforderungen und Chancen zu sprechen und Ideen auszutauschen. Als Pioniere in dieser neuen legalen Branche haben wir alle eine enorme Verantwortung, die Zukunft von Cannabis positiv zu beeinflussen – und unser Ziel ist es, unseren Teil dazu beizutragen, dass das möglich wird.